Am Freitag, den 5. Februar, protestierten Thüringer Landwirt*innen und Vertreter*innen des Thüringer Bauernverbandes (TBV) vor der Plenarsitzung des Thüringer Landtags am Steigerwaldstadionin Erfurt für den Stopp des Insektenschutzgesetzes und der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung in den vorliegenden Fassungen. Die Gesetzesinitiativen führen zur Existenzgefährdung für eine Vielzahl landwirtschaftlicher Betriebe. Das drohende Höfesterben in Thüringen setzten die Landwirt*innen mit einer Kombination leerer Gummistiefel und Grüner Kreuze symbolisch vor dem Stadion in Szene.
Anlass des Protestes ist die bevorstehende Entscheidung zum Insektenschutzgesetz und Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung im Bundeskabinett am 10. Februar. Die zur Abstimmung vorliegenden Gesetzesinitiativen enthalten Verbote für die Bewirtschaftung von Acker- und Grünlandflächen in Schutzgebieten (u.a. Natur- und EU-Vogelschutzgebiete, Flora-Fauna-Habitat-Gebiete, Natura2000-Gebiete, Nationalparks, nationale Naturmonumente, Naturdenkmäler) und führen absehbar dazu, dass ein wirtschaftlicher Anbau von Qualitätsgetreide, Raps oder Zuckerrübe in diesen Gebieten nicht mehr möglich ist. Auch die Bewirtschaftung von artenreichem Grünland und Streuobstwiesen würde durch Verbote und eine fehlende Förderung gefährdet. „Allein in Thüringen sind rund 85.000 Hektar Acker- und Grünland betroffen, auf denen die Landwirte zukünftig nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können“, so Dr. Klaus Wagner, Präsident des TBV. „Die Einschränkungen werden viele Landwirtschaftsbetriebe in Thüringen massiv wirtschaftlich unter Druck setzen“, so Wagner. Insbesondere die Einbeziehung von FFH- und Natura2000-Gebieten in das pauschale Verbot der Anwendung von Herbiziden und Insektiziden lässt viele Landwirt*innen auf die Barrikaden gehen: „Uns Landwirten wurde bei Ausweisung dieser Schutzgebiete zugesichert, dass die Bewirtschaftung nicht eingeschränkt werden wird. Jetzt kommt er durch die Hintertür – das ist ein massiver Vertrauensbruch von Seiten der Politik“, so die deutliche Kritik des Bauernpräsidenten an den verantwortlichen politischen Akteuren. Hinzu kommt, dass die geplanten Gesetze Initiativen zum Insektenschutz zerstören, die in Thüringen seit Jahren durch die Kooperation zwischen Landwirtschaft und Naturschutz erfolgreich praktiziert und die häufig auch mit Landesmitteln des Freistaates unterstützt werden. „Entgegen der eigentlichen Zielsetzung, helfen die vorliegenden Gesetzesvorhaben den Insekten nicht, zerstören aber die Existenz vieler Landwirtschaftsbetriebe. Für erfolgreichen Insektenschutz brauchen wir eine ganzheitliche Lösung, die Lebensmittelerzeugung und Schutz der Artenvielfalt zusammenbringen. Unsere Thüringer Abgeordneten, sowohl im Bundestag als auch im Landtag, müssen deshalb helfen, diesem Irrweg ein Ende zu bereiten“, so die klare Forderung Wagners.
Was bedeuten die Gesetzesinitiativen für einen Landwirtschaftsbetrieb?
Für die beispielhafte Darstellung und Erläuterung der Auswirkungen der Gesetzesinitiativen auf einen Thüringer Landwirtschaftsbetrieb, steht ihnen der Vorstandsvorsitzende der Agrargenossenschaft Weißensee eG Jürgen Paffen gerne zur Verfügung. Sie erreichen Ihn unter der Telefonnummer +49 363 74 265 0.
Hintergrund
Die geplanten Initiativen für das Insektenschutzgesetz und die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung beinhalten u.a. ein Verbot von Herbiziden (Mittel gegen Unkräuter und Ungräser) sowie biodiversitätsschädigender Insektizide (Mittel gegen Insekten) in Flora-Fauna-Habitat-Gebieten (FFH-Gebiete). FFH-Gebiete sind spezielle europäische Schutzgebiete in Natur- und Landschaftsschutz, die nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie ausgewiesen wurden und dem Schutz von Pflanzen (Flora), Tieren (Fauna) und Lebensraumtypen (Habitaten) dienen, die in mehreren Anhängen zur FFH-Richtlinie aufgelistet sind.
Durch die Verbote wird insbesondere der Anbau von Qualitätsweizen (unverzichtbar für die Lebensmittelherstellung), Raps (besonders wertvoll als Bienentracht, für Wild- und Honigbienen sowie andere Insekten) und Zuckerrüben (Alternative ist Zuckerimport aus Brasilien) unwirtschaftlich.
Ebenfalls enthalten ist ein Verbot des Einsatzes von Bioziden. Dies wird nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch den Forst (Bekämpfung des Schädlingsbefalls) und den Obstbau vor unlösbare Schwierigkeiten stellen.
Das ebenfalls geplante unter Schutz stellen von artenreichem Grünland & Streuobstwiesen wird den Wegfall der bisherigen Förderung zur Folge haben. Eine Bewirtschaftung wird dadurch sowohl für konventionelle als auch für ökologisch wirtschaftende Betriebe nicht mehr wirtschaftlich sein.
In Thüringen wären von den Einschränkungen rund 85.000 Hektar Acker- und Grünland betroffen.Insgesamt sind im Freistaat derzeit 230.824 Hektar Vogelschutzgebiete und 161.462 Hektar FFH-Gebiete (Überschneidungen nicht rausgerechnet) unter Schutz gestellt.
Seit vielen Jahren praktizieren die Thüringer Landwirt*innen bereits in Kooperation erfolgreich Insektenschutz! Die geplanten Gesetzesinitiativen drohen nun, diese erfolgreiche Kooperation zwischen Landwirtschaft und Naturschutz zum Insektenschutz, die häufig auch mit Landesmitteln des Freistaates unterstützt wird, zu zerstören.
Bildmaterial: Thüringer Landwirt*innen protestieren vor dem Steigerwaldstadion; Quelle: TBV
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