Einsatz für den Erhalt der Artenvielfalt - Thüringer Landwirtschafts- und Naturschutzverbände prämieren „Natura 2000-Landwirte“
Um ihre herausragenden Leistungen zum Erhalt des Europäischen Naturerbes zu würdigen, wurden am heutigen Donnerstag, den 31.08.2023, drei Thüringer Betriebe mit der Auszeichnung „Natura 2000-Landwirte“ geehrt. Die Agrargenossenschaft Weißensee e.G., der Landwirtschaftsbetrieb Friedrich Dübner und die Landschafts- und Arealpflege Gerhard Schmidt erhielten die Anerkennung.
Gewürdigt wurden sie durch das Kompetenzzentrum Natura 2000-Stationen und dessen Träger, den BUND Thüringen, den NABU Thüringen, den Deutschen Verband für Landschaftspflege (DVL) sowie Verbände des landwirtschaftlichen Berufsstandes, dem Thüringer Bauernverband (TBV), den Thüringer Ökoherz e.V. und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Seit 2018 werden landwirtschaftliche Betriebe in Thüringen, die sich über die Maße für die Umsetzung der Natura-2000-Ziele einsetzen, öffentlichkeitswirksam prämiert.
Aus dreizehn Vorschlägen, die von den zwölf Natura 2000-Stationen eingereicht wurden, wählte die sechsköpfige Jury die drei Preisträger aus. Mit der Auszeichnung werden die besonderen, über den gesetzlichen Rahmen hinausgehenden, Leistungen für den Schutz gefährdeter Tier- und Pflanzenarten und deren Lebensräumen innerhalb des Europäischen Schutzgebietsnetzwerkes „Natura 2000“ gewürdigt. Die Ehrung soll nicht als Wettbewerb, sondern als besondere Geste der Wertschätzung verstanden werden und zum Nachahmen anregen.
Ines Heßelbach, Vorstandsmitglied des Thüringer Bauernverbands: „Auch in schwierigen Zeiten für Landwirtschaft und Gesellschaft, mit Herausforderungen auf dem Weltmarkt, den gestiegenen Betriebs- und Lebenshaltungskosten sowie den zunehmenden Belastungen durch bürokratische Auflagen ist es wichtig, positive Zeichen zu setzen und gleichzeitig ökologisch und gesellschaftlich bedeutsame Aspekte wie den Schutz unserer Umwelt und die Erhaltung der Artenvielfalt im Auge zu behalten. Die Auszeichnung repräsentiert nicht nur die persönlichen Leistungen der Preisträger, sondern zeigt auch das stetig wachsende Bewusstsein in der Landwirtschaft und im Naturschutz für die Notwendigkeit einer guten Zusammenarbeit. Alle müssen gemeinsam vorangehen, um im Sinne der Umwelt koordiniert, ressourcenorientiert, langfristig und nachhaltig gestalten zu können. Besonders erfreulich ist, dass wir dieses Jahr zum ersten Mal einen Ackerbaubetrieb auszeichnen können. Das zeigt, dass Engagement und individuelle Möglichkeiten nicht durch einzelne Betriebszweige, Betriebsgrößen oder Bewirtschaftungsformen begrenzt sind.“
Martin Schmidt, Vorsitzender des NABU Thüringen: „Das Engagement der Natura 2000-Landwirte, die wir heute auszeichnen, geht weit über die gesetzlichen Vorgaben hinaus. Diese Betriebe leisten einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt. Noch schöner wäre es aber, wenn genau solche Betriebe im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik besser honoriert werden würden, als ihnen durch Bürokratie und leere Fördertöpfe das Arbeiten zusätzlich zu erschweren.“
Dr. Jan Brunner, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Mitteldeutschland: „Die prämierten Betriebe stehen stellvertretend für ihren Berufszeig. In Thüringen gibt es zahlreiche Betriebe, die sich weit über die gesetzlichen Vorgaben für den Naturschutz engagieren. Angesichts der Auswirkungen der Klimakrise und des Artensterbens müssen es aber mehr werden. Dafür müssen Umwelt- und Klimaleistungen der Landwirtschaft von der Politik entsprechend honoriert werden.“
Sebastian König, Landesgeschäftsführer des BUND Thüringen: „Zum bereits vierten Mal zeichnen wir als Naturschutzverbände und Verbände des landwirtschaftlichen Berufsstandes „Natura-2000-Landwirte“ in Thüringen aus. Es zeigt sich, dass in einer Zeit des Gegeneinanders das Miteinander nicht in Vergessenheit gerät. Besonders herausragend an den Prämierten ist dieses Jahr die breite Auswahl der Betriebe. Groß, klein, Ackerbau, Grünland, – sie stehen stellvertretend für die Vielfalt der Thüringer Betriebe. Das ist eine Stärke der Thüringer Landwirtschaft.“
Dr. Susanne Kipp, Vorstandsmitglied des Thüringer Ökoherz: „Natura 2000 und Landwirtschaft funktionieren zusammen und sind keine Gegensätze. Und sogar aktiver Artenschutz kann funktionieren, wenn Betriebe sich darauf einlassen und entsprechend honoriert werden. Das Naturschutz schon lange bei den Landwirt*innen ein Thema ist, zeigt sich bei der heutigen Prämierung auf besondere Art und Weise und sollte anderen Betrieben ein Vorbild sein.“
Jürgen Metzner, Geschäftsführer des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege: „Das wir bereits zum vierten Mal gemeinsam Betriebe auszeichnen zeigt, wie wichtig diese Anerkennung ist. Die hier prämierten Betriebe reihen sich in die Riege von Betrieben ein, welche in besonderer Weise für die Natur und nicht gegen sie arbeiten. Besonders wichtig sind dabei kompetente Ansprechpartner vor Ort, wie sie zum Beispiel unsere zwölf Natura 2000-Stationen sind.“
Zu den Preisträgern
In diesem Jahr wurden drei Landwirte aufgrund ihrer herausragenden Leistung für den Schutz von Natura-2000-Schutzgütern ausgezeichnet. Neben zwei „Natura-2000-Landwirten“ erhält Herr Gerhard Schmidt eine „Auszeichnung für besonderes Engagement – Natura 2000“
Friedrich Dübner, der im Gebiet „Drei-Gleichen“ und Umgebung wirtschaftet, wurde aufgrund seines langjährigen Einsatzes für die Trocken- und Halbtrockenrasen ausgewählt. Er beweidet nicht nur die wertvollen Grünlandbereiche mit Schafen und Ziegen, sondern hat sich für deren Schutz bereits 2019 zwei Herdenschutzhunde angeschafft. Darüber hinaus legte er bereits eine Hirschkäferwiege und Schutzäcker für gefährdete Ackerwildkrautarten auf seinen Eigentumsflächen an.
Des Weiteren wurde die Agrargenossenschaft Weißensee e.G., vertreten durch Herrn Heßler, ausgezeichnet. Diese ist einer der größten Ackerbaubetriebe in Thüringen. Der Betrieb macht sich seit vielen Jahren für den Artenschutz und die Biodiversität auf den eigenen Flächen stark. Unter anderem wurden Rebhuhn- und hamsterfreundliche Blühflächen angelegt, Gräben für den Schutz der Helm-Azurjungfer angelegt und gepflegt sowie über viele Jahre hinweg unzählige Kopfweiden unentgeltlich geschnitten. Die Agrargenossenschaft zeigt damit, dass auch konventioneller Ackerbau mit Naturschutz Hand in Hand gehen kann.
Ebenso ausgezeichnet wurde der Landwirt Gerhard Schmidt für sein besonderes Engagement für die Landschaftspflege und den Naturschutz. Seit über 50 Jahren setzt er sich persönlich für die Gewinnung und Vermarktung von Qualitätsheu der traditionellen Bergwiesen im Thüringer Wald ein. Viele dieser Wiesen sind so schwierig zu mähen, dass sie ohne die Bewirtschaftung durch Herrn Schmidt bereits verbuscht wären und ihr Artenreichtum somit endgültig verloren wäre. Die dafür notwendige Technik entwickelte Herr Schmidt eigenhändig. Auch als Gründungsmitglied des „Landschaftspflegeverbandes Thüringer Wald“ setzt er sich seit 1990 unablässig und ehrenamtlich für die ressourcenschonende Bewirtschaftung ein und leistet damit einen großen Beitrag zum aktiven Naturschutz.
Hintergrund
Natura 2000-Landwirt*in
Bereits seit 2018 ehrt das Kompetenzzentrum Natura 2000-Stationen regelmäßig mit zahlreichen Partnern „Natura 2000-Landwirte“. Hierfür bewertet eine Fachjury, bestehend aus den Trägerverbänden des Kompetenzzentrums, dem BUND Thüringen e.V., dem NABU Thüringen e.V. und dem Deutschen Verband für Landschaftspflege gemeinsam mit dem Thüringer Bauernverband e.V., dem Thüringer Ökoherz e.V. und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Vorschläge für Landwirtinnen und Landwirte sowie Betriebe aus dem Netzwerk der Natura 2000-Stationen. In diesem Jahr wird darüber hinaus ein Betrieb für sein besonderes Engagement im Bereich Natura 2000 ausgezeichnet. Diese Ehrung landwirtschaftlicher Betriebe durch die Verbände ist ein Beispiel für die gute Zusammenarbeit zwischen Naturschutz und Landwirtschaft.
Natura 2000
1992 hat die Europäische Union beschlossen, ein Schutzgebietsnetz „Natura 2000“ aufzubauen - zur Erhaltung gefährdeter oder typischer Lebensräume, Tierarten und Pflanzenarten. Es setzt sich aus Schutzgebieten der Fauna-Flora-Habitat-Richtline (FFH-Richtlinie) und der Vogelschutzrichtlinie zusammen. Diese Richtlinien bilden die Grundlage von „Natura 2000“. Derzeit sind circa 18 Prozent der Landfläche der EU als Natura 2000-Gebiete ausgewiesen. Somit ist es das größte, grenzüberschreitende, koordinierte Schutzgebietsnetz weltweit. „Natura 2000“ ist eine wertvolle Grundlage für den Erhalt der biologischen Vielfalt in der EU.
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Bildunterschrift:
Ehrung der diesjährigen Gewinner mit der Auszeichnung „Natura 2000-Landwirte“
(v. l. n. r.): Beate Kunnen, Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft; Sebastian König, BUND Thüringen; Dr. Hans-Jürgen Schäfer, Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz; Gerhard Schmidt, Landwirt; Stefan Heßler, Agrargenossenschaft Weißensee e.G.; Martin Schmidt, NABU Thüringen, Friedrich Dübner, Landwirt; Martin Hirschmann, Thüringer Bauernverband; Dr. Susanne Kipp, Thüringer Ökoherz e.V.; Anna Swiatloch, Kompetenzzentrum Natura 2000
Pressekontakt
Anne Werner, Kerstin Neumann, BUND Thüringen, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Tel. +49 (0)361 555 03 14; Mobil: +49 (0)176 133 385 64 oder +49 (0)176 133 385 10, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Jürgen Ehrhardt, Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, NABU Thüringen, Tel. +49 (0)3641 605 704, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Elke Sommerfeld, Öffentlichkeitsarbeit, Online-Kommunikation & Presse, Thüringer Ökoherz e.V., Tel: +49 (0)3643 881 91 41, E-Mail: e.sommerfeld@oekoherz.de
Axel Horn, Thüringer Bauernverband e. V., Pressereferent, Tel.: +49 (0)361 262 532 28, Mobil: +49 (0)1520 189 34 93,E-Mail: axel.horn@tbv-erfurt.de