Laufende Projekte
Projekt Pflanzenschutz
Auch Pflanzen brauchen Schutz!
Ab Mai werden in ganz Thüringen große Informationstafeln aufgestellt, auf denen anschaulich zu erfahren ist, was mit der Kulturpflanze passiert, wenn kein Pflanzenschutz betrieben wird. Neben der großflächigen Informationstafel können die Folgen ausbleibender Pflanzenschutzmaßnahmen auch an den Nullparzelle beobachtet werden, welche durch die Landwirtinnen und Landwirte vor Ort eingerichtet worden.
Der Thüringer Bauernverband rief zu der Aktion auf, da das Thema Pflanzenschutz häufig nur auf die Pflanzenschutzspritze oder „chemische Keule“ reduziert wird. Alle Kreisverbände beteiligten sich daran, so dass insgesamt 45 Tafeln an Feldrändern von den landwirtschaftlichen Betrieben aufgestellt werden können.
Was ist das Ziel von Pflanzenschutz und welche Voraussetzungen haben wir?
Pflanzenkrankheiten, Schädlinge und Unkräuter haben über die Jahrhunderte hinweg oft verheerende Missernten und Hungersnöte verursacht.
Ziel des Pflanzenschutzes ist es, die Produktion gesunder Nahrungs- und Futtermittel in ausreichender Menge und Qualität zu ermöglichen.
Landwirte stehen zukünftig vor großen Herausforderungen. Zum einen erhöht sich in Folge der Klimaerwärmung das Risiko der Ausbreitung oder Einschleppung von neuen Krankheiten und Schaderregern.
Zum anderen wächst die Weltbevölkerung noch stetig weiter. Jedes Jahr kommen weltweit rund 82 Millionen Menschen hinzu – das entspricht in etwa der Größe von Deutschland. Bis 2050 werden 9,7 Milliarden Menschen auf der Erde leben. Alle Menschen müssen mit Nahrungsmitteln versorgt werden, obwohl die weltweiten Anbauflächen immer weniger werden, da sie z.B. für Siedlungen oder Verkehr genutzt werden. Allein in Deutschland werden jeden Tag über 50 Hektar (rund 70 Fußballfelder) der Natur entzogen und dauerhaft versiegelt. Immer weniger Ackerfläche muss also immer mehr Menschen mit Lebensmitteln versorgen.
Wovor müssen wir Pflanzen überhaupt schützen?
Krankheiten:
- Bakterien, z.B. Feuerbrand am Apfel, Knollennassfäule oder Streptomycetenschorf an der Kartoffel
- Pilze, z.B. Echter Mehltau, Maisbeulenbrand, Gelbrost im Getreide
- Viren, z.B. Rübenvergilbungsvirus, Kartoffelmosaikvirus
Tierische Schädlinge
- Insekten, z.B. Thripse, Zikaden, Blattläuse, Käfer, Schmetterlinge, Mücken, Fliegen
- Spinnen und Milben
- Fadenwürmer (Nematoden)
- Vögel und Säugetiere, z.B. Mäuse
Unkräuter und Ungräser
- z.B. Ackerfuchsschwanz, Distel, Ehrenpreis
Mehlige Kohlblattlaus im Raps
In der Natur gibt es ein ständiges Wettrennen zwischen Pflanzen und Mikroorganismen/ Schaderregern. Mikroorganismen wie Viren, Bakterien und Pilze infizieren Pflanzen um sich zu vermehren. Die Nutzpflanze stellt dabei den Wirt dar. Auch tierische Schaderreger benötigen die Nutzpflanze, um sich zu vermehren. Sie nutzen die Pflanze entweder als Nahrungsquelle, als Fortpflanzungsort (z.B. legen Eier darin ab) oder als Überlebensort. Um sich gegen diese „Angreifer“ zu wehren, entwickeln Pflanzen von sich aus Abwehrstrategien. Dank ihrer hohen Anpassungsfähigkeit und ihres Vermehrungspotenzials überwinden die Erreger die Abwehrstrategien oft schneller, als die Pflanzen sich wehren können. Deshalb wird es nötig, die Nutzpflanzen vor den Krankheiten und Schädlingen zu schützen. Dies geschieht durch verschiedene Maßnahmen des Pflanzenschutzes. Welche Maßnahmen das sind, wird im nächsten Abschnitt erläutert.
Was bedeutet Pflanzenschutz und wie können Pflanzen geschützt werden?
Unter dem Begriff Pflanzenschutz werden Maßnahmen zum Schutz von Pflanzen vor Krankheiten, Schädlingen und Konkurrenz durch Unkräuter verstanden.
Landwirtinnen und Landwirte schützen ihre Pflanzen durch vorbeugende und durch heilende Maßnahmen. Die Maßnahmen zählen zum „Integrierten Pflanzenschutz“ und bestehen aus sechs Bausteinen.
Bausteine des integrierten Pflanzenschutzes
Acker- und Pflanzenbauliche Maßnahmen
Unter den acker- und pflanzenbaulichen Pflanzenschutz fallen u.a. folgende Maßnahmen:
Nicht jede Kulturpflanze kann auf jedem beliebigen Standort angebaut werden. Die Standorte müssen entsprechend der Ansprüche an Boden und Klima ausgewählt werden.
Gülleausbringung
Sortenwahl und Züchtung
Pflanzenschutz beginnt nicht erst auf dem Feld, sondern schon im Labor: Die Pflanzenzüchtung arbeitet ständig an neuen Sorten und deren Zulassung. Neue Sorten müssen dabei immer einen Fortschritt darstellen. Sie müssen z.B. eine höhere Widerstandskraft oder eine Resistenz gegen Krankheiten und Schädlinge haben. Außerdem kann die Pflanzenzüchtung neue Sorten so verbessern, dass sie mit klimatischen Stressfaktoren z.B. Trockenheit, Hitze oder Nässe besser umgehen können. Denn Stress ist auch für Pflanzen nicht gut – Stress schwächt die Pflanzen und macht sie anfälliger für Krankheiten und den Befall mit Schadorganismen.
Die Züchtung ist sehr komplex und langwierig, denn bis eine neue Sorte entstanden ist, können bis zu 15 Jahre vergehen.
Die Sortenwahl spielt eine entscheidende Rolle beim Schutz von Pflanzen. Landwirtinnen und Landwirte suchen für den Standort die passende Sorte aus. Diese Sorte kann z.B. Toleranzen/Resistenzen gegenüber Krankheiten und Schädlingen zeigen und dadurch einen guten Ertrag bringen.
Züchtung Sortenwahl
Traktor mit Pflug
Mechanischer Pflanzenschutz
Landwirtinnen und Landwirte betreiben nach der Ernte und vor der Aussaat Bodenbearbeitung mit der Egge, dem Grubber oder dem Pflug. Ziel ist es, den Boden zu lockern und zu durchlüften, Unkräuter einzuarbeiten und den Schaderreger mechanisch zu regulieren.
Mechanische Bearbeitung ist besonders zur Unkrautbekämpfung Mit der Hacke und dem Striegel werden Unkräuter während der Vegetation bekämpft.
Biologischer Pflanzenschutz
Auch Schädlinge und Krankheiten haben Gegenspieler: biologische Bekämpfung heißt mit Hilfe natürlicher Gegenspieler die Übervermehrung von Schädlingen und Krankheiten zu verhindern.
Biologischer Pflanzenschutz umfasst den gezielten Einsatz von Nützlingen und dem Fördern natürlich vorkommender Nützlinge.
Beispiele für den gezielten Einsatz von Nutzorganismen sind:
Pflanzen können auch als Feinde gegen tierische Schädlinge wie Insekten angebaut werden.
- Nematoden schädigen z.B. die Wurzeln von Nutzpflanzen und nehmen ihnen dadurch den Halt im Boden sowie die Möglichkeit die oberirdischen Teile mit Wasser und Nährstoffen zu versorgen. Durch Pflanzen wie die Studentenblume (Tagetes), Luzerne oder Mais können die Nematoden abgeschreckt oder getötet werden.
Wie das funktioniert? Ganz einfach: die Pflanzen sondern über ihre Wurzeln bestimmte Stoffe aus (sog. Wurzelexsudate), die den Nematoden nicht gut bekommen. Die Wurzeln der Studentenblumen z.B. sondern eine organische Verbindung, das α-Terthienyl, ab, welches für Nematoden giftig ist. - Die Maispflanze scheidet Wurzelexsudate aus, die nützliche Fadenwürmer anlocken. Diese nützlichen Fadenwürmer bekämpfen dann den Maiswurzelbohrer, ein schädlicher Käfer, der große Ertragseinbußen hervorrufen kann.
Zu den biologischen Verfahren gehört auch das Fördern natürlich vorkommender Nützlinge in der Natur.
Mit diesen Maßnahmen fördern Landwirtinnen und Landwirte Nützlinge:
- Schaffung von neuen neuen Lebensraum, Verstecke und Überwinterungsmöglichkeiten für Nützlinge, durch das Anlegen von Hecken, Lesesteinhaufen oder Holzriegel
- Schaffung von Nahrungsgrundlagen für Nützlinge, durch das Anlegen von Blühstreifen oder Zwischenfrüchte
- Bau von Nisthilfen und Sitzstangen für Vögel
Die wichtigsten Nützlinge sind: Marienkäfer, Florfliegen, Schlupfwespen, Gall- und Erzwespen, Raubmilben, Schwebfliegen, aber auch Bakterien, Viren und Pilze können „Nützlinge“ sein, z.B. Bacillus thuringiensis (Bakterium), Granulosvirus, …
Insektenhotel
Marienkäfer auf einer Ähre
Gelbschale
Biotechnischer Pflanzenschutz
Lockstoffe & Fallen
Lockstoffe locken schädliche Insekten in Fallen oder verhindern die Paarung, indem sie die Männchen verwirren.
Lockstoffe sind z.B. Sexuallockstoffe. Sie können auf zwei verschiedenen Arten angewendet werden:
- Indem die Männchen mit den weiblichen Sexuallockstoffen angelockt und dann in einer Falle getötet werden.
- Indem der Standort mit weiblichen Sexuallockstoffen überflutet wird, was die Männchen so sehr verwirrt, dass es nicht zur Paarung mit „echten“ Weibchen kommt.
Fallen mit attraktiven Farben z.B. Gelbschalen dienen der Befallsüberwachung.
Fallen mit attraktiven Farben z.B. weiße, blaue oder gelbe Tafeln, locken schädliche Lebewesen je nach Vorliebe für eine Farbe an.
Chemischer Pflanzenschutz
Als letzte Maßnahme einer sorgfältigen Entscheidungsabwägung steht der chemische Pflanzenschutz steht innerhalb der Maßnahmen des Integrierten Pflanzenschutzes.
Chemischer Pflanzenschutz wird immer nach dem Leitspruch „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“ betrieben.
Das „Notwendige Maß“ beschreibt die Intensität der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, die nötig ist, um den Anbau der Kulturpflanze zu sichern.
Fragen & Antworten rund um den Einsatz chemischer Pflanzeschutzmittel
Pestizide sind ein Oberbegriff für Pflanzenschutzmittel und Biozide.
Pflanzenschutzmittel sind Produkte zum Schutz von Pflanzen, zu Pflanzenschutzmitteln zählen z.B.
- Insektizide gegen Insekten
- Herbizide gegen Unkräuter
- Fungizide gegen Pilze
Biozide sind Produkte zum Schutz von Menschen und Tieren, dazu gehören z.B.
- Desinfektionsmittel
- Reinigungsmittel
- Ameisenbekämpfungsmittel
- Holzschutzmittel
- v.m.
Pflanzenschutzspritze
Ausbringung chemischer Pflanzenschutzmittel
Weiterführende Links zum Thema
https://www.julius-kuehn.de/pflanzenschutz/biologischer-pflanzenschutz/
https://www.julius-kuehn.de/a/
https://www.julius-kuehn.de/pflanzenschutz/pflanzenschutzmittel/
https://www.oekolandbau.de/landwirtschaft/pflanze/grundlagen-pflanzenbau/pflanzenschutz/biologischer-pflanzenschutz/pheromoneinsatz-im-biologischen-pflanzenschutz/
https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/umweltbelastungen-der-landwirtschaft/pflanzenschutzmittel-in-der-landwirtschaft
https://www.scienceindustries.ch/_file/25823/20190325-begriffsklaerung-de-wak-n-final.pdf