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Juli 2022

 

Themenschwerpunkt:

Neue Förderperiode mit vielen Fragezeichen. Fehlende Regeln und neue digitale Hilfsmittel verunsichern Landwirte in der Erntezeit

 
Inhalt:

Deutscher Bauerntag 2022     3

Zukunft der erneuerbaren Energien     8

Bester Ausbildungsbetrieb gekürt     12

Braugerstenrundfahrt     18

 

Kommentar von Dr. Lars Fliege, Vizepräsident des Thüringer Bauernverbandes

Dem Irrsinn freien Lauf lassen

Die weltweite Erzeugung von Weizen wird aktuell auf 772 Millionen Tonnen geschätzt. Der Verbrauch liegt mit 784 Millionen Tonnen deutlich darüber. Die gesamte weltweite Getreideernte weist ein Defizit von etwa 30 Millionen Tonnen im Verhältnis zum Verbrauch auf. Die Endbestände sinken, die weltweite Nachfrage bleibt hoch. Ukraine hin oder her – Getreide ist und bleibt ein knappes Gut und unsere Regierung ist fest entschlossen, vier Prozent der Ackerfläche dauerhaft aus der Nutzung zu nehmen. Irrsinn Teil 1.

Heute ist der 17. Juli. Wir Landwirtinnen und Landwirte sind mitten in der Ernte. Die Bodenbearbeitung für die nachfolgenden Kulturen läuft; unsere Anbauplanung für das nächste Jahr sollte jetzt feststehen. Vorausgesetzt, wir nehmen weiter am System der Gemeinsamen Agrarpolitik teil – welche Kulturen dürfen wir denn im nächsten Jahr in welchem Umfang auf welchen Feldern überhaupt anbauen? Das wissen wir natürlich noch nicht, denn der deutsche Strategieplan muss ja erst von der EU-Kommission bestätigt werden. Wann wir mit klaren Regeln rechnen können, ist eine sehr provokante Frage, denn wir alle wissen ja, wie schwierig und langwierig die Verhandlungen und die anschließenden Gesetzgebungsverfahren auf europäischer-, wie auch auf Bundes- und Landesebene sind.

Bis heute steht nicht fest, ob der vorgesehene jährliche Fruchtwechsel nun kommt oder nicht. Es ist unklar, ob und wenn ja, wieviel Fläche nun tatsächlich stillgelegt werden muss und ob wir diese Felder nach der Ernte (also jetzt!) bearbeiten und aktiv begrünen dürfen. Müssen die Flächen, die im nächsten Jahr für Sommerungen vorgesehen sind im kommenden Winter begrünt sein oder dürfen wir die raue Scholle/ den tiefen Grubberstrich im Herbst liegen lassen? Alles offen, aber wie durch ein Wunder, werden wir auf alle Fragen ganz bestimmt noch rechtzeitig eine fundierte, wissenschaftlich begründete und eindeutige Antwort bekommen. Irrsinn Teil 2.

Pünktlich zur Ernte startet auch das neue Antragsverfahren zum KULAP. Das ist toll, denn Landwirtinnen und Landwirte haben viel Spaß daran, sich für fünfjährige Maßnahmen zu verpflichten, ohne die Spielregeln der ersten Säule zu kennen. Das einzig Gute daran ist die Freiwilligkeit. Die Programme selbst sind mindestens für intensiv arbeitende Ackerbau- und Gemischtbetriebe nicht attraktiv, so dass die Teilnahmebereitschaft sehr begrenzt sein wird. Ich höre schon die Stimmen aus dem Thüringer Umweltministerium, die der Landwirtschaft vorwerfen werden, kein Interesse an mehr Biodiversität und Hamsterschutz zu haben. Dem widerspreche ich schon heute und gebe zu bedenken, dass es nicht damit getan ist, Mehrkosten auszugleichen. Alle Landwirtinnen und Landwirte müssen auch mit AUKM Geld verdienen dürfen. Wer arbeitet denn freiwillig ohne Aussicht auf Gewinn?

Die Antragstellung zum KULAP läuft hochmodern und digital über „PORTIA – das vielseitige Portal rund um verschiedene Förderaufgaben“. So steht es jedenfalls auf der Website des Thüringer Landwirtschaftsministeriums. Ich würde eher sagen: „PORTIA – das Portal für gut gelaunte Menschen die Lust auf graue Haare haben“. PORTIA ist nicht fertig. Es fehlen grundlegende Funktionalitäten wie beispielsweise eine Schnittstelle zum Import der FNN aus der VERA. Es kann nicht sein, dass man uns sozusagen ein Gebäude im Rohbau übergibt und wünscht, dass wir die arbeitsarme Erntezeit nutzen, um bis zum 5. September einzuziehen. Zumal ja im Sommer auch angesichts der gerade begonnenen Sommerferien die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der UNB alle uneingeschränkt zur Verfügung stehen, um die notwendigen Abstimmungen vorzunehmen. Irrsinn Teil 3.

Wenn die ganze Sache nicht so tragisch wäre und Existenzen daran hängen würden, könnte man fast darüber lachen. Zum Lachen ist uns Landwirtinnen und Landwirten allerdings nicht. Mit Blick auf die beängstigenden Zustände in den Niederlanden möchte ich zum Ende Bauernpräsident Joachim Rukwied mit den Worten zitieren: „Die Zündschnur ist verdammt kurz“ und ergänzen „Funken gibt es derzeit mehr als genug.“

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