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Januar 2021

Eine Perspektive geben

von Dr. Gerd Schaller, Revisionskommission des Thüringer Bauernverbandes

Kommentar: Auch im begonnen Jahr haben wir nach der biblischen Verheißung „Solange die Erde steht soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht“ (1. Mose 8.22), eine weitere Chance, unserer Berufung im Aufgabendreieck: Verfügbarmachung agrarischer Rohstoffe (Lebensmittel)/ Umwelt- und Naturschutz/ Einkommenserzielung nachzugehen und dabei der besonderen Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung gerecht zu werden. Dafür wünsche ich uns einen Geist der Kraft, Liebe und Besonnenheit, der uns auch bei der Durchsetzung berufsständischer Interessen tragen möge. Mut machendes Beispiel erfolgreicher berufsständischer Arbeit bleibt der im zurückliegenden Jahr erzielte Kompromiss bei der Findung und Abgrenzung angemessener Nährstoffüberschussgebiete im Freistaat Thüringen. Dass die Beharrlichkeit der Organe des TBV in Erfurt, unterstützt durch die Spontanität und Kreativität, der im Herbst 2019 formierten Bewegung „Land schafft Verbindung“ (LsV) erst dieses Ergebnis ermöglichten, bleibt gleichermaßen unbestritten wie bemerkenswert. Dabei zeigte sich neben dem Potenzial einer solchen Zusammenarbeit auch das weite Feld an leidenschaftlich für den Berufsstand engagiertem Nachwuchs, den es, falls noch nicht erfolgt, für die Mitarbeit im TBV zu mobilisieren gilt. In Frage kommen sowohl die, in den arbeitsteilig organisierten bzw. familiengeführten Betrieben abhängig beschäftigten Mitarbeiter*innen als auch die, in den Familienbetrieben selbständig wirtschaftenden Landwirt*innen. Ein Schlüssel zu diesem Potenzial der Erneuerung unseres Verbandes könnte, wie mir scheinen will, im Stolz darauf liegen, diesem Berufsstand anzugehören – Bäuerin/Bauer zu sein. Grundlage dafür bleibt die Wahrnehmung unseres Verbandes als einflussreiche, integrierende Kraft, die auf dem Fundament einer wissensbasierten Meinungsbildung und Argumentation steht. Mit der gelungenen Neubesetzung der ehrenamtlichen Spitzenfunktionen behält der TBV nicht nur seine Handlungsfähigkeit, sondern auch seine Aufgeschlossenheit und Wandlungsfähigkeit gegenüber bevorstehenden Herausforderungen. Wünschenswert bliebe, dass mehr geeignete, möglichst auch weibliche Mitglieder in Zukunft den Mut zu einer Kandidatur fassen. Zusammen mit einem weiteren Kollegen habe ich das Privileg, im Rahmen der Revision gemeinsam mit einer Kollegin für den Verband tätig zu werden. Mit der Wahl von Claudia Schulze aus Leimbach in die Revisionskommission liegt die Frauenquote in den neubesetzten Ehrenämtern bei ca. 14 Prozent. Gut, dass diese Situation mit ca. 79 Prozent Frauen im Hauptamt des TBV quasi ausgeglichen wird. Auch für den Berufsstand gilt es 2021 zahlreiche Problemfelder einer Lösung näher zu bringen: Wie die mit den Begriffen Umwelt- und Klimakrise sowie Artensterben beschriebenen Entwicklungen (Insektenschutz, TA-Luft, PSM-Zulassung, EEG, DÜV, GAP, Wasserschutz, Schlachthöfe, SüdLink, alternative Züchtungsmethoden, etc.). Die Eigentümer- bzw. Hofnachfolge, die untrennbar mit der Einkommenssituation der Betriebe, dem Leitbild der Alterssicherung der Landwirte und der Attraktivität der landwirtschaftlichen Berufsbilder in Zusammenhang steht, wird ein Thema bleiben. Ob eine Regulierung der Agrarstruktur und eine Ausschließung außerlandwirtschaftlichen Kapitals dafür geeignete Lösungsansätze bieten, stelle ich an dieser Stelle in Zweifel. Die lange vernachlässigte Erlangung von Einkommen über eine „anständige“ Entlohnung in der Primärproduktion und der Verarbeitung erbrachter Leistungen am Markt (insb. im Lebensmitteleinzelhandel, insb. bei Milchprodukten) wird Thema bleiben, ebenso wie die Einflussnahme auf die zunehmende Entfremdung weiter Bevölkerungsteile von der Agrarwirtschaft und deren Entwicklung, mit Initiativen wie der „Heimischen Landwirtschaft“ oder Projekten wie dem „Lernort Bauernhof“. Weiterhin müssen wir uns der Aufrechterhaltung einer flächendeckenden, den natürlichen Gegebenheiten angemessenen und weitgehend aus sich heraus tragfähigen Landnutzung bei einem adäquaten Ausgleich für natürlich benachteiligte Gebiete widmen. Diesen Inhalten mit lösungsorientierten, inspirierenden Ansätzen eine Perspektive zu geben, ist ureigene Aufgabe des Berufsstandes. Der TBV und seine regionalen Untergliederungen bleiben dafür ein Werkzeug, das es weiter zu vervollkommnen gilt: Durch Solidarität, durch Mitgliedschaft, durch aktive Mitarbeit.

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