Themenschwerpunkt:
Immer mehr Wölfe in Thüringen. Wirtschaftliches Überleben der Weidetierhaltung in Gefahr
Inhalt:
Thüringer Agrarstrukturgesetz 3
Landwirtschaftskonferenz in Greußen 9
Vertreterversammlung Landseniorenverband 12
DLG-Bundeswettbewerb im Melken 13
Kommentar von Gerd Steuding, Vorstandsmitglied des Thüringer Schafzuchtverbandes
Wir brauchen ein funktionierendes Wolfsmanagement
Die Wölfe dringen immer weiter vor. Anfangs fanden nur wir Schafhalter gerissene Tiere, nun sind es zunehmend auch Rinder und Pferde, sogar einem Herdenschutzhund haben die Wölfe im Februar in Espenfeld den Garaus gemacht. Auch in der Nähe von Wohnsiedlungen werden die Tiere gesehen, mancherorts laufen sie sogar durch die Dörfer. Viele haben Angst, abends noch spazieren zu gehen, auch die Sorge der Eltern um ihre Kinder wächst.
Aus einer städtischen Sicht sind solche Probleme natürlich sehr weit weg. Befürworter der Wolfsrückkehr hören die zunehmende Kritik und gehen in eine Verteidigungshaltung über. Am Ende stehen sich beide Seiten unversöhnlich gegenüber.
Ich denke, dass wir zwischen schlichter Wolfsromantik und Totschlagsfantasien mit unserem gesunden Menschenverstand einen gangbaren Mittelweg finden müssen. Der Wolf ist da, er wird auch bleiben. Weil dem so ist, muss endlich ein Modus gefunden werden, wie Wölfe, Weidetiere und Menschen zusammenleben können. Dazu gehört aus meiner Sicht vor allem ein funktionierendes Management des Wolfsbestandes und eine Antwort auf die Frage, wie viele Wölfe in unserer engen Kulturlandschaft überhaupt leben können und sollten.
Derzeit gib es in Thüringen mehr als ein Dutzend Wölfe, fünf Wolfsterritorien werden gelistet, darunter zwei Rudel. In Deutschland sind es heute bereits mehr als 160 Rudel mit schätzungsweise 2.000 Wölfen. Ist damit der „gute Erhaltungszustand“ erreicht, dessen Fehlen den hohen Schutzstatus noch rechtfertigt? Ich denke, die Antwort ist klar. Aus meiner Sicht kann und sollte deshalb der Wolfsbestand, wie jeder andere Wildtierbestand auch, reguliert werden. Falls Sachverständige nach klaren Kriterien zu dem Urteil kommen, dass die Art noch gefährdet ist, lasse ich mich gern überzeugen. Was für mich aber unabdingbar ist, ist die Entnahme von Problemwölfen, d.h. von verhaltensauffälligen Tieren, die eine Gefahr für Menschen sind oder gezielt Nutztiere angreifen und töten. Ausnahmeregelungen hierfür gibt es durchaus. In der Praxis lassen sich diese aber kaum umsetzen, wie wir hier in Ohrdruf erfahren mussten. Hier bei uns auf dem Truppenübungsplatz lebte Deutschlands gefährlichste Wölfin, die rund 600 Schafe und Ziegen tötete. Eine Entnahme war trotzdem nicht möglich. Das ist niemanden zu vermitteln.
Voraussetzung für eine Entnahme ist allerdings eine Überarbeitung des bestehenden Wolfsmonitorings. Nur so kann man Problemwölfe überhaupt identifizieren. Bisher bildet das Monitoring die Realität leider kaum ab. So wurde 2021 kein einziger Riss anerkannt. Auch Herdenschutzmaßnahmen wie Zäune und Herdenschutzhunde sind unabdingbar. Sie kosten aber viel und können durch uns Weidetierhalter nicht bezahlt werden, wenn wir kostendeckend arbeiten wollen. Wenn die Politik den Wolf will und wünscht, dass wir weiterarbeiten, dann muss sie diese Ausgaben übernehmen, und zwar komplett und nicht nur anteilsmäßig wie bisher. In Thüringen sind wir auf einem guten Weg, es muss aber weitergehen. Es ist aber natürlich illusorisch zu glauben, dass man hierzulande alle Weiden einzäunen kann. Das ist weder zu leisten noch zu bezahlen. Außerdem bieten weder Zäune noch Herdenschutzhunde die letzte Sicherheit für unsere Tiere. Deshalb muss es auch eine finanzielle Entschädigung für gerissene Tiere geben. Die Erfassung der Risse und die Auszahlung sind aber bisher sehr langwierig und zu schwierig. Außerdem werden nicht alle Wolfsschäden abgedeckt.
Wie heißt es so schön: Wir Weidetierhalter pflegen die Landschaft, die die anderen lieben. Wenn das so ist, müssen wir auch mit dem Wolf in der Nachbarschaft leben und wirtschaftlich überleben können. Momentan sieht es leider nicht so aus.
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