• +49 (0)361 262 530
  • Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Keine digitalen Experimente mehr – die Bürokratie macht uns kaputt

Bei schon leicht vorweihnachtlicher Stimmung führte der Kreisbauernverband am 5. Dezember die diesjährige Mitgliederversammlung in Holzsußra, in der Gaststätte „Zum Urtal“ durch. Die Gaststätte der gut 300 Einwohner zählenden Gemeinde, auch Treffpunkt fürs Vereinsleben, wird nach Wegzug des letzten Gastwirts nunmehr bereits seit zwei Jahren quasi im Ehrenamt durch die Mitglieder des Vereins „Dorfleben Holzsußra“ weitergeführt – bemerkenswert!

Im Bericht des Vorstandes hob der Vorsitzende Dr. Wolfgang Peter die themati­schen Schwerpunkte der Verbandsarbeit des abgelaufenen Jahres hervor. So ging er auf die Schwierigkeiten mit PORTIA und der FAN-App ein, ebenso auf die mit der Umsetzung der Grundsteuerreform verbundenen Bürokratie in den Betrieben. Auch der Entwurf zum Thüringer Agrar- und Forststrukturgesetz sowie das entsprechende Rechtsgutachten, welches die Verfassungswidrigkeit einiger Regelungen feststellt, sprach er an. Peter machte auch Ausführungen zum kontrovers diskutierten Thema der Freiflächenphotovoltaikanlagen, zu den Problemen der Nutztierhaltung, den exorbitant gestiegenen Kosten der Tierkörperbeseitigung und den Problemen der Direktvermarktung. Bzgl. der 2024 anstehenden Kommunal-., Europa- und Landtagswahlen verwies er auch auf den Forderungskatalog des Thüringer Bauernverbandes (TBV), der den Parteien bereits zugeleitet wurde. Neben weiteren kreisverbandlichen Aktivitäten hob er insbesondere die erste durchgeführte Lehrfahrt nach Rheinland-Pfalz in den Don­nersbergkreis, dem Partnerkreis des Kyffhäuserkreises, hervor. Die Fahrt hatte durch die tolle Unterstützung des örtlichen Kreisbauernverbandes viele interessante land­wirt­schaftliche Höhepunkte und fand bei allen Teilnehmenden großen Anklang, dass für kommendes Jahr eine Fortsetzung geplant ist.

Nach den Ausführungen der Kassenprüfer wurde die Berichte diskutiert. Hierbei zeigte sich der große Unmut der Mitglieder, insbesondere hinsichtlich der sehr büro­kratischen und ausschließlich digitalen Umsetzung beim GAP-Antragsverfahren. Durch Digitalisierung sollen Arbeitsabläufe einfacher und sicherer werden. Digitalisierung solle zu mehr Effizienz und Zeitersparnis führen, so der allgemeine Tenor.

Bei den aktuellen Problemen mit PORTIA und der FAN-App wirken diese Assoziationen bei den Landwirtinnen und Landwirten jedoch eher wie Hohn. Kritisch und frustriert äußerten sich die Mitglieder zu diesem Thema. "die Bürokratie macht uns kaputt", "keine weiteren digitalen Experimente mehr", "was jetzt da ist, ist schon zu viel" war von vielen zu hören. Der von Seiten des Thüringer Landwirtschaftsministeriums angedachten Einführung eines zusätzlichen Flächenregisters wurde von den Teilnehmenden eine klare Absage erteilt. Mit Blick auf die auch angespannte Situation in der Agrarverwaltung wurde die Meinung geäußert, dass der Anspruch einer einhundertprozentigen Kontrolle der Betriebe nicht leistbar und auch nicht notwendig sei. Die Digitalisierung müsse funktionieren und dürfe die eigentliche landwirtschaftliche Tätigkeit nicht in den Hintergrund rücken.

Mit großem Interesse folgten die Teilnehmenden dann den Ausführungen von Prof. Dr. Fritz Schumann, der zum Thema Agrarpolitik im Wandel der Zeit referierte. Schumann kann auf ein bewegtes Berufsleben zurückblicken: Angefangen im Landwirtschaftsbereich als Landwirt bis hin zum Direktor der Agrar-Industrie-Vereinigung in Wanzleben, als Politiker 1990 in der Volkskammer und danach im Deutschen Bundestag, als Mitglied des Agrarausschusses, als langjähriger Hauptgeschäftsführer des Landesbauernverbandes Sachsen-Anhalt, als Geschäftsführer eines staatlichen Weinbaubetriebes und letztendlich noch als Hochschullehrer an der Fachhochschule Anhalt in Bernburg, konnte er als direkter Zeitzeuge über einige richtungsweisende Entscheidungen für die ostdeutsche Landwirtschaft berichten.

In seinem Vortrag über die Entwicklung und Hintergründe der europäischen und deutschen Agrarpolitik ging er auf einige signifikante Entscheidungen ein, die er auch politisch aktiv mitgestalten konnte. So berichtete er über Beratungs­runden mit dem damaligen Treuhandchef Günther Rexrodt. Infolge der Beratungen wurde die ostdeutsche Landwirtschaft dann nicht der Abwicklung der Treuhandanstalt unter­stellt, sondern dass Landwirtschaftsanpassungsgesetz geschaffen. Auch beim Thema Kappung der Direktzahlung bzw. vielmehr bei deren Verhin­derung, war er politisch aktiv dabei. Auf die Frage, ob die maßlos gewordene Bürokratisierungswut wieder einzufangen sei, äußerte sich Schumann sehr skeptisch.

Guten Nachrichten zu verkünden hatte der Ackerbaureferent des TBV André Rathgeber. Er berichtete über die Ablehnung des Entwurfs zur Einschränkung der Nutzung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) im EU-Parlament und die neuesten Entwicklungen beim Glyphosateinsatz.

Beim Thema Wolf war der aktuelle politische Stand dann jedoch wieder ernüchternd. Die zuständigen Ministerien in Bund und den Ländern weigern sich beharrlich, ein dringend notwendiges aktives Wolfsmanagement einzuführen. Erst kürzlich wurden im Landkreis Gotha wieder über 30 Schafe durch einen Wolfsangriff getötet.

Nach Satzungsänderung und dem Beschluss zur Beitragserhöhung für die natürlichen Mitglieder klang die Veranstaltung mit einem gemeinsamen Abendessen aus.

                                                                                                   

Thüringer Bauernverband e.V.
Alfred-Hess-Straße 8
99094 Erfurt

  Tel.: +49 (0)361 262 530
  Fax: +49 (0)361 262 532 25
  E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Kontakt
1000 Zeichen noch.
Noch kein Zugang? Mitglied werden!

Anmeldung