Der Thüringer Bauernverband (TBV) betonte auf der Regierungsmedienkonferenz am 15. März, dass trotz der aktuellen Turbulenzen auf den Energie-, Düngemittel- und Getreidemärkten die Lebensmittelversorgung hierzulande gesichert ist. Aufgrund der hohen Energie- und Düngemittelpreise ist die Lage dennoch ernst, betonte TBV-Präsident Dr. Klaus Wagner: „Die heimische Landwirtschaft ist grundsätzlich leistungsfähig genug, um die Ernährung der Bevölkerung sicherzustellen. Die Panik an den Energie-, Düngemittel- und Getreidemärkten macht aber eine wirtschaftliche Planung von der Aussaat bis zur Ernte unmöglich“, so Wagner. „Wer heute Dünger und Diesel zu den explodierenden Preisen kaufen muss, weiß schlussendlich nicht, für welchen Preis er sein Getreide vermarkten kann. Dieses enorme wirtschaftliches Risiko gefährdet die wirtschaftliche Stabilität unsere Landwirtschaftsbetriebe und mit ihnen die Versorgungssicherheit.“ Insbesondere bei den Energiekosten, vor allem aber bei den Dieselpreisen, ist daher aus Sicht der Landwirtschaft dringend eine Entlastung notwendig, z.B. durch Aussetzung der CO2-Abgabe auf Energie, die in der landwirtschaftlichen Produktion eingesetzt wird. Darüber hinaus ist eine Entlastung der Pendler im ländlichen Raum angezeigt, da dort oftmals nicht auf öffentliche Verkehrsmittel ausgewichen werden kann.
Vor allem die Entwicklungen am Düngemittelmarkt bereiten der Thüringer Landwirtschaft derzeit große Sorgen: „Der Dünger für die Ernte 2022 ist zum größten Teil gekauft und geliefert. Ohne eine staatlich rückversicherte Ausweitung der europäischen Düngemittelproduktion kann man Engpässe für die Ernte 2023 aber nicht ausschließen.“ Hier herrsche dringender Handlungsbedarf auf europäischer Ebene, so der Bauernpräsident.
Die Folgen der Ukraine-Krise verlangen aus Sicht der Landwirtschaft insgesamt ein Umdenken der Politik: „Für die Sicherheits- und Energiepolitik ist derzeit eine Grundsatzdebatte um Versorgungssicherheit im Gang, die schnell, um Ernährung und sichere Lebensmittelversorgung ergänzt werden muss“, so Wagner. Die agrarpolitische Debatte in Europa, insbesondere in Deutschland, sei seit Jahren hauptsächlich von umweltpolitischen Themen geprägt und auf Extensivierung der heimischen Landwirtschaft ausgerichtet. Dies müsse überdacht werden: „Landwirtschaft ist kein Selbstzweck. Landwirtschaft stellt die Ernährung der Bevölkerung sicher. Das muss im Angesicht der Entwicklungen auch wieder den politisch Verantwortlichen bewusst werden“, so Wagner.
Hintergrundinformation
Aktuelle Situation:
Der russische Einmarsch in die Ukraine hat neben den Konsequenzen im Bereich der Energiebereitstellung auch enorme Auswirkungen auf die Agrarmärkte. Dazu haben insbesondere die Schließung von Häfen und die Behinderungen von Exporten beigetragen. Die Notierungen für Getreide und Ölsaaten sind in bisher nicht gekannte Höhen gestiegen. Die Krise in der Ukraine hat im Falle der Ölsaaten einen Markt getroffen, der bereits von einer knappen Versorgung gekennzeichnet war.
Aber auch die Notierungen auf den Energiemärkten sind massiv angestiegen, was zu einer hohen Belastung der Unternehmen, der Verbraucherinnen und Verbraucher und auch der landwirtschaftlichen Betriebe geführt hat. Letztere sind zusätzlich durch den Anstieg der Düngemittel-Notierungen betroffen. Hier einige Eindrücke:
Energiemarkt
- Die Ölpreise sprangen am Mittwoch ebenfalls auf 8-Jahres-Höchststände. Brent-Rohöl kletterte auf über 113 USD je Barrel auf den höchsten Stand seit Juni 2014, ein Zuwachs von mehr als 40 Prozent in diesem Jahr.
Düngemittelmarkt
- Die Preise für Harnstoffdünger sind am Terminmarkt in den USA seit Beginn der Invasion am 24. Februar bis zum 8. März um 46 Prozent bzw. 255 USD auf 805 USD je Tonne gestiegen, im Vergleich zum Vorjahr (250 USD je Tonne) haben sie sich mehr als verdreifacht).
- Kalkammonsalpeter (KAS) kostet an den deutschen Importhäfen jetzt 625 Euro je Tonne. Das sind nochmals 30 Euro mehr als vor zwei Wochen und ist mehr als dreimal so viel wie vor einem Jahr (200 Euro je Tonne).
- Ähnlich stark war der Preisanstieg bei Diammoniumphosphat (DAP). Hier stiegen die Preise seit Kriegsbeginn am US-Terminmarkt in Nola um 210 USD auf 910 USD je Tonne nach oben.
Getreidemärkte
- Der Matif-Kurs für Raps Frontmonat Mai 2022 stieg auf über 840 EUR/t (1. März.)
- Getreideexporte aus den Häfen der UKR sind zum Stillstand gekommen (5 Millionen Tonnen Ge-treide sind bereits verladen und sind derzeit in den Schiffen lagernd blockiert).
- Es ist unklar, ob die Feldarbeiten im Frühjahr unter den aktuellen Bedingungen beginnen können.
Die Schwarzmeerregion ist von großer Bedeutung für die weltweite Versorgung mit Agrarrohstoffen. Hier einige Kennzahlen für den Markt in der Saison 2021/22:
- Russland:
- Platz Weizenproduktion (75 Millionen Tonnen) [10 Prozent der Weltproduktion]
- Platz Weizenexport (35 Millionen Tonnen, 17 Prozent der weltweiten Weizenexporte), 5 Millionen Tonnen noch ausstehend
- Ukraine:
- Platz in der Weizenproduktion (33 Millionen Tonnen) [4 Prozent der Weltproduktion]
- Platz Weizenexport (24 Millionen Tonnen, 12 Prozent der weltweiten Weizenexporte), 6 Millionen Tonnen noch ausstehend
- Platz Maiserzeugung (42 Millionen Tonnen),
- Platz Maisexport (33 Millionen Tonnen), 15 Millionen Tonnen noch ausstehend
Insgesamt müssen also 11 Millionen Tonnen Weizen und 15 Millionen Tonnen Mais aus anderen Regionen den Markt bis zum 30. Juni erreichen
Weitere Kennzahlen:
- Sonnenblumenöl: UKR (51 Prozent) und RUS (27 Prozent) sind weltweit wichtigsten Exporteure, DEU deckt 94 Prozent seines Bedarfs an Sonnenblumenöl durch Importe.
- Europäische Sojabohnen: Mehr als zwei Drittel des EU-Sojas kommen aus RUS und der UKR.
- Rapssaat: DEU importiert 10 Prozent der in DEU verarbeiteten Rapssaat aus der UKR.
- Leinsamen: Fast 90 Prozent des in der EU verarbeiteten Leinsamens werden importiert. Davon stammen 37 Prozent aus der RUS und 5 Prozent aus der UKR.
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