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September 2022

 

Themenschwerpunkt:

Ernte in unsicheren Zeiten. Kostenexplosion und Zukunftssorgen trüben Ernteabschluss

 
Inhalt:

Flurfahrt 3

Reduktion Pflanzenschutzmittel 6

Erntegespräche 8/9

Erntekronen und Erntedank 12

 

Kommentar von Dr. Klaus Wagner, Präsident des Thüringer Bauernverbandes

Mehr gesunder Menschenverstand!

Die diesjährige Ernte ist eingefahren. Die Erträge und Qualitäten waren besser als befürchtet, aber schlechter als noch im Frühjahr erhofft, da es seit März nahezu im gesamten Freistaat nicht geregnet hatte. Für mich zeigen die Ernteergebnisse vor allem, dass wir Landwirtinnen und Landwirte trotz widriger Witterungsverhältnisse unsere Aufgabe erfüllen können, die letztlich vor allem darin besteht, dass unsere Supermarktregale gefüllt bleiben und niemand in diesem Land mit leerem Magen ins Bett gehen muss.

Sorgen bereitet mir aber die wirtschaftliche Lage und der Verlust an gesundem Menschenverstand bei einer Vielzahl unserer politischen Akteure in Berlin und Brüssel. Beides gefährdet die Zukunft unserer landwirtschaftlichen Betriebe, gefährdet die Zukunft unseres Landes.

Wirtschaftlich ist die Situation prekär, ein Vorausblick unsicher wie selten zuvor. Wir alle kämpfen mit enormen Sprüngen bei den Erzeugerpreisen, wie wir sie noch nie zuvor gesehen haben. Mehr als die Ertragsmenge entscheidet aktuell der richtige Verkaufszeitpunkt. Landwirtschaft wird so zu einem Glücksspiel und wir wissen alle, dass am Ende immer die Bank gewinnt. Gleiches gilt auch für die enorm gestiegenen Preise für Diesel und Mineraldünger. Wann soll man hier kaufen? Gibt es absehbar überhaupt noch etwas kaufen, nachdem als Reaktion auf die hohen Gaspreise die europäischen Produzenten für Mineraldünger die Produktion eingestellt haben?

Statt in dieser schwierigen wirtschaftlichen Lage politisch gegenzusteuern und der Landwirtschaft zu helfen, tut die Politik ihr Bestes, unsere Situation noch weiter zu verschlimmern. Eine verkorkste Reform der europäischen Agrarpolitik, die immer noch nicht abschließend entschieden hat, was wir Landwirtinnen und Landwirten im nächsten Jahr anbauen dürfen ist an Absurdität nicht zu überbieten. Ist es so schwierig zu verstehen, dass man Aussaat und Fruchtfolgen entsprechend der jahreszeitlichen Abfolge planen muss und die Zeit hierfür bereits abgelaufen ist? Zugleich hat die Reform die Regelungen derart verkompliziert, dass kaum ein Betrieb die unterschiedlichen Anforderungen und Folgen nachvollziehen kann. Warum war das notwendig, wem ist damit geholfen? Zweifel am gesunden Menschenverstand sind hier angebracht. Aber es wird noch besser: Die EU-Kommission kommt mit planwirtschaftlichen Vorschlägen zur Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln um die Ecke. Geht der Vorschlag durch, dürfen wir in Landschaftsschutzgebieten keine Pflanzenschutzmittel ausbringen. Das bedeutet faktisch ein Totalverbot in Thüringen. Erträge? Ernährungssicherheit? Offenbar nicht wichtig genug. Supermarktregale füllen sich ja bekanntlich auch gerne mit guten Absichten und moralischen Imperativen. Zur Not können wir dem globalen Süden die Nahrungsmittel auch einfach wegkaufen.

Spätestens in diesem unverantwortlichen Vorschlag der EU-Kommission und der grundsätzlichen Zustimmung unsers „Bundeslandwirtschaftsministers“ wird das Fehlen des gesunden Menschenverstandes offenbar. Werden die Vorschläge der EU-Kommission Wirklichkeit, gefährden sie hierzulande die gesamte landwirtschaftliche Produktion. Dann wird die EU auch bei Landwirtschaftsprodukten zum Nettoimporteur. Ein besonders kluger Schachzug, wenn man mit Blick auf die (ausbleibenden) Gaslieferungen schaut, was es bedeutet, wenn die Importe nicht mehr möglich sind. Wir müssen uns entscheiden: Wollen wir eine eigene Landwirtschaft, wollen wir qualitativ hochwertige Lebensmittel, die mittels kurzer Wege transportiert, vor Ort gehandelt und verarbeitet werden oder wollen wir alles aus dem Ausland importieren? Gerade im Hinblick der aktuellen geopolitischen und sozioökonomischen Herausforderungen, kann es aus meiner Sicht hier nur eine Antwort geben. Dafür aber brauchen wir mehr gesunden Menschenverstand, mehr ganzheitliches Denken bei unseren politischen Verantwortlichen anstatt bloßer Jagd nach Trophäen für das politische Schaufenster der eigenen Bubble.

 

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