Am 30. August präsentierten Dr. Klaus Wagner, Präsident des Thüringer Bauernverbandes (TBV), und Thüringens Landwirtschaftsministerin Susanna Karawanskij auf dem Gelände des Landguts Weimar Einblicke in die diesjährigen Ernteergebnisse und zogen eine gemischte Bilanz. Bei den bisher geernteten Kulturen wurden insgesamt durchschnittliche Erträge erzielt. Dabei fielen jedoch deutliche regionale Unterschiede auf, von sehr guten bis hin zu unterdurchschnittlichen Ergebnissen. Diese Schwankungen lassen sich auf die variierende Verteilung der Niederschläge sowie auf die unterschiedlichen Wasserhaltekapazitäten des Bodens zurückführen.
"Das Wetter meinte es in diesem Jahr nicht gut mit den Landwirten", kommentierte Wagner die Situation. Nach einem normalen Witterungsverlauf im ersten Quartal wurde das Wachstum der Pflanzen im Mai in den meisten Regionen aufgrund anhaltender Trockenheit in einer entscheidenden Wachstumsphase gehemmt. Erst Mitte Juni brachten Niederschläge Entlastung, aber für Leguminosen und Wintergerste auf schwächeren Böden kamen sie zu spät. Die Ernte begann Anfang Juli, musste aber gegen Ende des Monats aufgrund wiederholter Regenfälle an vielen Orten unterbrochen werden. Die Partien von Weizen und Roggen, die nach den Regenfällen geerntet wurden, wiesen zunehmende Qualitätsmängel auf. Die in den letzten 14 Tagen geernteten Partien entsprachen fast ausschließlich noch Futtermittelqualität. Wenn hochwertiger Qualitäts- und Elite-Weizen als Futterweizen verkauft werden muss, hat das beträchtliche wirtschaftliche Auswirkungen für die Landwirte. Die Preisdifferenz zwischen E-Weizen und Futterweizen beträgt derzeit rund 80 Euro pro Tonne. Bei einem durchschnittlichen Ertrag von sechs Tonnen pro Hektar bedeutet dies eine Erlösminderung von 480 Euro pro Hektar.
Die ökologisch arbeitenden Betriebe waren aufgrund ihrer späteren Erntezeit und Anbausysteme stärker von den anhaltenden Niederschlägen im Juli und August betroffen als die konventionellen Betriebe. Die Ergebnisse der Öko-Ernteerhebung des TBV zeigen, dass ein Großteil der eingebrachten Ernte nur noch den Standards für Futtermittelqualität entspricht und für die Verarbeitung zu Backwaren nicht mehr geeignet ist. Die gestiegene Menge an Futtergetreide führte zu einem Preisrückgang bei Hülsenfrüchten wie Erbsen und Ackerbohnen, die in der Tierfütterung in ökologischen Betrieben eingesetzt werden.
Ebenfalls angespannt bleibt die Futterversorgung für die rinderhaltenden Betriebe in Thüringen. Die Trockenheit im Mai und Juni beeinträchtigte nicht nur Getreide und Ölfrüchte, sondern auch die Futterflächen und den Mais. Die fehlenden Niederschläge führten in großen Teilen des Freistaats zu einem unzureichenden zweiten Grünland-Aufwuchs. Zusätzlich behinderte die nicht befahrbare Beschaffenheit der Ackerflächen im Frühjahr die Maisentwicklung. Die Aussaat des Maises verzögerte sich vielerorts, wodurch das Saatkorn in die trockene Phase geriet. Obwohl ab Mitte Juli reichliche Niederschläge einsetzten, konnten sie dem Mais nur begrenzt helfen. Ein nennenswertes Wachstum des Maises blieb aus. Die Hoffnung ruht nun darauf, dass der Regen einen guten Kolbenansatz ermöglicht. Landwirte stehen vor der Herausforderung, die zu erwartenden Futtermengen genau zu kalkulieren.
Insgesamt wurden in Thüringen in diesem Jahr auf 336.447 Hektar Anbaufläche 2.322.308 Tonnen Getreide geerntet. Die Erntemenge lag damit rund 2,7 Prozent niedriger als noch 2022.
Die größte Bedeutung innerhalb des Getreides hatte auch in diesem Jahr der Winterweizen mit einer Anbaufläche von etwa 188.100 Hektar, was einem Anteil an der Getreidefläche von 56 Prozent entspricht. Geerntet wurden 1.317.143 Tonnen Winterweizen, was einem Rückgang gegenüber dem Vorjahr von 6,1 Prozent entspricht.
Die Getreideerträge pro Hektar sind im Vergleich zu den Vorjahren mit rund 70 dt/Hektar nahezu gleichgeblieben.