Unter der Überschrift "The 10 redlines that make the Commission's MFF/CAP proposals unacceptable to EU farming" hat der Europäische Bauernverband COPA-COGECA am vergangenen Wochenende eine Broschüre veröffentlicht, die die Vorschläge der EU-Kommission zum MFR und zur GAP ab 2028 für die europäische Landwirtschaft deutlich kritisiert. Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat über die COPA-COGECA-Arbeitsgruppen für GAP, Direktzahlungen, Ländliche Entwicklung und Risikomanagement nach Möglichkeiten an der Erarbeitung der kompakten Broschüre mitgewirkt.
Die wesentlichen Punkte der Broschüre fasst der DBV wie folgt zusammen:
Seit vielen Monaten setzen sich europäische Landwirte und Genossenschaftsorganisationen bei Copa-Cogeca mit klaren roten Linien auseinander – und schlagen Alarm über die Entwicklung des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) 2028–2034 und der GAP-Reform. Vor allem – und gemeinsam mit den Akteuren der Agrar- und Lebensmittelkette – fordern wir die Anerkennung, dass es ohne einen sicheren, gemeinsamen Ansatz in der Landwirtschaft keine dauerhafte Stabilität geben kann – weder für die Landwirte, noch für die gesamte Kette, noch für Europa. Am 16. Juli hat die Kommission zu viele rote Linien überschritten und damit eine existenzielle Bedrohung für unsere Sektoren, die Integrität des Binnenmarkts und die Ernährungssicherheit von 450 Millionen Europäerinnen und Europäern geschaffen. Statt konkreter Vorschläge mit klarer Vision und Orientierung erhielten wir große Reden und politische Maßnahmen, die in die entgegengesetzte Richtung weisen. Ernährungssicherheit muss in diesen unsicheren Zeiten, in denen Sicherheit ein zentrales Anliegen der EU ist, oberste politische Priorität bleiben. Die Landwirtschaft darf in den Prioritäten der Kommission nicht an den Rand gedrängt oder als bloße Ausgleichsgröße behandelt werden. Daher betrachten wir den Ansatz der Kommission als strategischen und historischen Fehltritt. Zum ersten Mal in über 60 Jahren Engagement in der Agrarpolitik halten wir, die europäischen Landwirtschaftsorganisationen, diese Vorschläge für unannehmbar und können sie nicht unterstützen.
Mindestens 10 rote Linien des gesunden Menschenverstands wurden überschritten, die die Vorschläge unhaltbar und unannehmbar machen:
- MFR-Struktur widerspricht den EU-Verträgen: Die Einbindung der GAP in einen einzigen Fonds untergräbt die Vertragsgrundlagen der EU und die Struktur, die Europas Ernährungssicherheit schützt.
- 20 % weniger Budget für die GAP – nicht bedarfsgerecht: Die Landwirtschaft steht an vorderster Front der Transformationen in einem zunehmend unsicheren Umfeld. Die Kürzungen senken die Agrarförderung auf unter 15 % der EU-Ausgaben und sind völlig losgelöst von den heutigen wirtschaftlichen, sozialen, geopolitischen und klimatischen Realitäten.
- Rückschritt in der EU-Geschichte – Verlust des gemeinsamen Charakters der GAP: Die Auflösung des gemeinsamen Charakters der GAP beendet Chancengleichheit zwischen Mitgliedstaaten und Landwirten, gefährdet den Binnenmarkt und schwächt die Rolle der Mitgesetzgeber.
- Ende der Zwei-Säulen-Struktur der GAP: Die Zusammenlegung von EAGF und ELER in einen einzigen Fonds und die Abschottung nur eines Teils der GAP-Förderung opfert die Entwicklung des ländlichen Raums, Investitionen, Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und territoriale Kohärenz.
- Mehr Komplexität, Bürokratie und Kosten: Der Ansatz eines „einzigen nationalen Plans“ führt zu massiver und kostspieliger Verwaltungsreorganisation und Entscheidungsfindung – mit mehr Verwirrung und Unsicherheit für Landwirte und Genossenschaften.
- Unrealistisches Einkommensmodell gefährdet EU-weiten Ansatz: Differenzierte Kofinanzierungsraten und zusätzliche nationale Beiträge für bisher vollständig EU-finanzierte Maßnahmen gefährden Einkommen, verzerren den Wettbewerb und zerstören die Einheitlichkeit der Politik.
- Starre Instrumente missachten die Vielfalt der Landwirtschaft: Eine unsinnige Flächenförderung mit Degression und Kappung ignoriert die Notwendigkeit, alle Landwirte zu unterstützen, die zur Ernährungssicherheit beitragen.
- Verschlechterung der Stellung der Landwirte in der Lebensmittelkette: Mehr Sektoren müssen um weniger Mittel konkurrieren; zusätzliche nationale Beiträge schaffen Ungleichheiten zwischen Landwirten, Genossenschaften und Erzeugerorganisationen.
- Rückschritt im EU-Konsultationsprozess: Die völlig unzureichende Vorgehensweise der Kommission (keine echte Konsultation, keine politischen Optionen, keine Folgenabschätzung) ist beispiellos, enttäuschend und unannehmbar.
- Erosion der strategischen Autonomie der EU und wachsende Abhängigkeiten: Die Landwirtschaft wird nicht als Grundpfeiler der Sicherheit gesichert – es fehlt eine starke, gemeinsame und gut finanzierte Agrarpolitik.