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TBV-Admin

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Donnerstag, 23 September 2021 14:42

September 2021

Themenschwerpunkt:

Erntebilanz 2021: Vor lauter Regen keine Ernte

 
Inhalt:

Flurfahrt in Südthüringen 3

Erntebilanz 2021 4

Lage schweinehaltender Betriebe 7

Gemeinschaftstagung Landwirte und Tierärzte 8

 
Kommentar:

Was bleibt nach dem Regen?

von Gerd Hallbauer, Vorsitzender des Fachausschusses Ackerbau im Thüringer Bauernverband

Im gesamten Freistaat sind in den vergangenen Monaten große Regenmengen gefallen. Mit 145 Litern auf dem Quadratmeterfiel im August im Landesdurchschnitt mehr als doppelt so viel Regen wie im vieljährigen Mittel. Die Folgen waren überall im Land in Form von Lagergetreide sichtbar. Die scheinbar nicht aufhörenden Niederschläge verzögerten auch den Ernteablauf, was wiederum zu Qualitätsverlusten führte. Auch die Erträge waren, vor allem angesichts der Erwartungen im Frühjahr, nicht befriedigend.

Wie anders sah es demgegenüber in den vergangenen zwei Jahren aus: Damals litten unsere Ackerflächen unter einer starken Dürre. Das Getreide verdorrte auf den Feldern, der Mais stand vielerorts nur kniehoch, die Erträge waren aufgrund des Wassermangels vielerorts katastrophal, Dürrehilfen wurden notwendig.

Wir alle spüren es: Das Wetter ist in den letzten Jahren in seiner Gesamtheit unvorhersehbarer und extremer geworden, es verläuft weniger in den gewohnten Bahnen. Ich denke, wir werden uns in den nächsten Jahren auf solche Wetterkapriolen einstellen müssen, lernen müssen, mit der Unsicherheit zu arbeiten. Doch nicht nur das Wetter birgt Unsicherheit. Der Weltmarkt war noch nie so schnelllebig wie heute,die Ertragspreise so volatil. Ursache hierfür sind nicht nur Wetterschwankungen infolge des Klimawandels, sondern auch technische Effekte des Handels: Gigantische Mengen an Getreide und Ölfrüchten werden im Sekundentakt an den Börsen dieser Welt gehandelt und vom einen in den anderen Teil der Erde verkauft. Ernteprognosen, Analysen und politische Entscheidungen haben starken Einfluss auf die Vermarktungspreise, lassen die Kurse genauso schnell sinken, wie sie zuvor gestiegen sind. Was insbesondere korrigierte Ernteprognosen bewirken, zeigte sich dieses Jahr besonders deutlich. Wurde uns im letzten Jahr ein Rapspreis von 350 Euro für die Tonne geboten, legten uns die Händler vor kurzem einen Preis von 550 Euro die Tonne auf den Tisch. Wer einen großen Teil seiner Verkaufskontrakte bereits im letzten Jahr schloss, konnte die Entwicklung abwechselnd ungläubig und wütend verfolgen.

Wie soll man als Landwirt, als Verantwortlicher eines mittelständischen Unternehmens, mit diesen Unsicherheiten umgehen? Wie kann man für seinen Betriebeinen guten Erzeugerpreis erzielen, ohne seine Liquidität zu gefährden? Müssen wir in Zukunft wie Börsenmakler in Frankfurt oder New York mit unserer Ware in Zockermanier alles auf eine Karte setzen, immer mehr riskieren?

Ich sage nein. Wir produzieren Lebensmittel. Lebensmittel sind, wie der Name bereitssagt, existenziell, nichts mit dem man spekulieren sollte. Wir Landwirte tragen mit unserer Arbeit Verantwortung für die Sicherstellung der Ernährung aller Menschen, Verantwortung für unsere Betriebe, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und deren Familien.

In Zeiten zunehmender Wetter- und Marktkapriolen brauchen wir daher eine Möglichkeit, diese neuen Risiken mittels einer ökonomisch tragfähigen Risikoabsicherung abzufedern. Eine solche Absicherung der Risiken liegt nicht nur im Interesse der Landwirte, sondern der gesamten Gesellschaft. Daher muss hier politisch gehandelt werden, muss der Staat einen Teil der Risikoabsicherung mitfinanzieren, damit die heimischenLandwirtschaftsbetriebe trotz der Kapriolen überleben können.

Die beste Vorsorge wäre, neben geeignetenackerbaulichen Strategien zur Anpassungan Klimaveränderungen, natürlich das Anlegen eigener Reserven. Hierfür müssten die politischen Rahmenbedingungen aber so gesetzt werden, dass die Erzeuger eine bessere Position in der Wertschöpfungskette bekommen, so dass wir nachhaltig wirtschaften können und in die Lage versetzt werden, Rücklagen zu bilden.

Ein immer mehr an Auflagen und Verboten zeigt leider in eine andere Richtung, gefährden diese doch zunehmend die wirtschaftliche Substanz unserer Landwirtschaftsbetriebe.

 

 

Donnerstag, 26 August 2021 14:49

August 2021

Themenschwerpunkt:

Bundestagswahl 2021: Die Qual der Wahl ?

 
Inhalt:

Arbeitgeberverband wählt neues Präsidium 3

Interview mit Kandidatin Doreen Rath 5

Geführte Wanderungen 8

Rehkitzrettung 12

 
Kommentar:

Die Qual der Wahl ?

von Dr. Klaus Wagner, Präsident des Thüringer Bauernverbandes

Zumindest dahingehend herrscht Klarheit: Am 26. September wird ein neuer Bundestaggewählt. Die anstehende Wahlentscheidung ist, mit Blick auf die Landwirtschaft, ohne jeden Zweifel wichtig, spüren wir doch einen enormen Veränderungsdruck. Die Zielsetzung für die Landwirtschaft scheint dabei mit Blick auf den Bericht der Zukunftskommission Landwirtschaft, die Ergebnisse der Borchert-Kommission sowie die Entscheidungen zur Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik vorgezeichnet. Daran wird kein politischer Akteur vorbeikommen. Die agrarpolitischen Zielsetzungen in den Wahlprogrammen ähneln sich sehr stark, wie man gut aus den Wortwolken auf Seite 4 dieses Journals ablesen kann. Sie spiegeln, zumindest in Worten, den gesellschaftlichen Konsenswider, mit dem wir uns als Landwirtschaft auseinandersetzen müssen.

Ein Blick in die Wahlprogramme verdeutlicht, dass sich zwar die Ziele des Transformationsprozesses gleichen, nicht aber der Weg dorthin, d.h. die konkrete Ausgestaltung und die Dynamik des Prozesses. Hier lohnt sich ein tieferer Blick in die Wahlprogramme, übrigens nicht nur für den Bereich Landwirtschaft. Der Transformationsprozess betrifft alle Bereiche unseres Lebens. Nach meiner persönlichen Überzeugung brauchen wir für einen erfolgreichen Transformationsprozess zum einen eine Wirtschaft, in der Wertschöpfung möglich ist und bleibt, um Wohlstand zu erhalten und in die Zukunft zu investieren. Zum anderen braucht es Offenheit für Ideen und einen freien Wettbewerb der Ideen, um die bestmöglichen Lösungen zu finden.

Für die Zukunft gilt es, eine flächendeckende Landwirtschaft zu erhalten, die wettbewerbsfähig ist und zugleich den gesellschaftlichen Ansprüchen gerecht wird. Weder dürfen wir im Zuge der Entwicklung zu bloßen Landschaftspflegern degradiert werden, noch darf es dazu kommen, dass wir zukünftig unsere Lebensmittel importieren müssen, während gleichzeitig die Regenwälder in Flammen stehen.

Es gibt noch viel Gestaltungspielraum in diesem Transformationsprozess, den die Parteien auf unterschiedlichen Wegen nutzen werden. Die Wege, die Richtung der Umsetzung können wir durch unsere Stimme beeinflussen, aber auch nach der Wahl durch unsere Verbandsarbeit. Wen aber wählen? Aus meiner Sicht sollten wir als Thüringer Landwirtinnen und Landwirte vor allem darauf achten, dass wir Abgeordnete in den Bundestag wählen, die ihre Politik an der Wirklichkeit der Landwirtschaft und des ländlichen Raums orientieren, die mit Realitätssinn politische Ideen dahingehend bewerten, ob diese auch praktisch umsetzbar sind. Dies tun, meiner Erfahrung nach, die Abgeordneten, die fest in ihrer Region verwurzelt sind, die die Landwirtschaft vor Ort, die ländlichen Räume, die Sorgen und Herausforderungen der Menschen dort kennen.

Ich weiß, eine Wahlentscheidung fällt auf Basis verschiedenster Themen, aber Landwirtschaft ist unser Leben, sie zu gestalten unsere Zukunft. Qual der Wahl? Nein! Wir haben die Chance zur Wahl und die sollten wir nutzen, Nichtwählen ist keine Option. Gehen Sie zur Wahl und nutzten Sie Ihre Stimme auch im Sinne der Thüringer Landwirtschaft!

Wer noch unsicher ist, der komme am 16. September auf unser Agrarpolitisches Forum zur Bundestagswahl 2021 nach Waltershausen, um dort die Gelegenheit zu nutzen, bei den Parteien direkt nachzufragen. Nicht zuletzt, dass mit Doreen Rath eine Geschäftsführerin eines Landwirtschaftsbetriebes im Altenburger Land, zugleich ein hochangesehenes und aktives Mitglied des Thüringer Bauernverbandes, für B90/ Die Grünen mit auf dem Podium steht, verspricht eine äußerst interessante Diskussion. Kommen Sie nach Waltershausen, informieren Sie sich aus erster Hand.

Ich freue mich auf Sie!

 

 

Dienstag, 15 Juni 2021 14:12

Juni 2021

Themenschwerpunkt:

Borchert-Plan. Umbau der Nutztierhaltung

 
Inhalt:

Plakataktion gestartet 3

Bauernmilliarde 6

Service-Paket DüV 7

Rücksicht macht Wege breit 9

 
Kommentar:

Der Umbau der Nutztierhaltung erfordert einen finanziellen Ausgleich

von Bert Kämmerer, Vorsitzender des TBV-Fachausschusses Vieh und Fleisch, Tierwohl

Die von der Bundesregierung eingesetzte Borchert-Kommission plant in drei Stufen den Umbau der deutschen Nutztierhaltung. Gestartet werden soll mit der Schweinehaltung. Die Vorschläge liegen jetzt auf dem Tisch. Ab 2040 sollen alle Schweine mindestens in Tierwohlstufe 2 gehalten werden.

Wer also heute investieren will, wäre gut beraten sich am Borchert-Plan zu orientieren. Hier zeichnet sich aber bereits eine erste Kalamität ab. Der aktuelle Kriterienkatalog für Schweine schreibt vor, dass in der Tierwohlstufe 2 „Außenklimareize“ zu gewährleisten sind. Das bedeutet offene Ställe mit zusätzlichen Emissionen. Eine zielgerichtete Abluftführung oder gar Abluftreinigung, wie sie von der TA- Luft für größere Bestände in Zukunft gefordert wird, ist somit für unsere Bestände nicht umsetzbar. Es ist für uns Thüringer Schweinehalter daher essenziell, dass der sich abzeichnende Zielkonflikte zwischen Tier- und Emissionsschutz schnell gelöst wird. Anderenfalls hätten wir überhaupt keine Chance, unsere Betriebe in Richtung Tierwohl weiterzuentwickeln.

Der Umbau der Schweinehaltung wird auch viel Geld Kosten. Geld, dass bei den meisten Schweinehaltern durch Corona und ASP nicht vorhanden ist. Nur eine attraktive Investitionsförderung und eine langfristig gesicherte Tierwohlprämie zum Ausgleich der laufenden Tierwohlmehrkosten können für die Betriebe einen ausreichenden Investitionsanreiz setzen. Auch zur Finanzierung hat die Borchert-Kommission der Politik Vorschläge unterbreitet, beschlossen aber wurde noch nichts. Es wird höchste Zeit, dass die Vorschläge nun auch von den politischen Entscheidungsträgern aufgegriffen werden und der politische Entscheidungsprozess in Gang kommt. Die Unsicherheit über die zukünftige Ausrichtung der Nutztierhaltung und der Stillstand in den Betrieben muss ein Ende haben.

Wir brauchen endlich Entscheidungen, die uns Planungssicherheit für zukunftsorientierte Bau- und Genehmigungsverfahren in mehr Tierwohl bieten.

Sollte sich der politische Entscheidungsprozess noch lange hinziehen, befürchte ich einen weiteren deutlichen Abbau der Schweinebestände in Thüringen – im „Land der Wurstmacherkunst“.

 

Samstag, 15 Mai 2021 14:04

Mai 2021

Themenschwerpunkt:

Wahljahr 2021: Forum und Forderungen. Wer vertritt die Anliegen der Landwirtschaft?

 
Inhalt:

BUGA 2/8

Feldmäuse 3

TBV-Klausurtagung 3

Düngeverordnung 6

 
Kommentar:

Es geht um jede einzelne Wählerstimme: Doch wer vertritt uns Landwirte?

von Katrin Hucke, Hauptgeschäftsführerin des Thüringer Bauernverbandes

Am 26. September ist es wieder so weit. Wir alle sind aufgefordert, den Bundestag neu zu wählen und eventuell auch unseren Thüringer Landtag. Da einige Landtagsabgeordnete Angst haben, ihr Mandat zu verlieren, ist die Neuwahl im Freistaat aber alles andere als sicher.

Mit den Wahlen stellt sich wieder die Frage, wer uns Landwirtinnen und Landwirte, wer unsere berechtigten Interessen als Landwirtschaft am besten vertreten kann. Um ehrlich zu sein, bin ich persönlich nach unserem agrarpolitischen Forum am 22. April nicht wirklich weiter. Keiner der Anwesenden hat mich überzeugt, vieles blieb im Ungefähren. Auch ein Blick in die Wahlprogramme der Parteien, soweit sie überhaupt vorliegen, bringt einen nicht wirklich weiter. Gefühlt versprechen alle Parteien Alles. Auffällig ist allenfalls, dass bei den meisten Parteien, mit Ausnahme von BÜNDIS90/DIE GRÜNEN, landwirtschaftliche Themen, wenn überhaupt, eine untergeordnete Rolle spielen. Die detaillierten Positionen von BÜNDIS90/DIE GRÜNEN sind für mich aber kein Lichtblick. Hiermit werden lediglich die bekannten Glocken für eine Agrarwende geläutet, die aus meiner Sicht wirtschaftlich ins Nichts führt und Landwirtinnen und Landwirte zu bloßen Landschaftspflegern degradiert. Dass wir hierzulande nach dem Strom zukünftig unsere Lebensmittel überwiegend importieren wollen (und damit weltweit die Feuer in den Regenwäldern anfachen), ist für mich keine erstrebenswerte Option.

Auch ein Blick auf mögliche Regierungskoalitionen nach der Wahl – sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene – trägt wenig zu Klarheit bei. Erwartbar ist nur, dass es Koalitionsregierungen aus zwei oder drei demokratischen Parteien sein werden. Egal ob Schwarz-Grün, Ampel oder ein Bündnis aus den Kräften Links der Mitte – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit werden hierbei BÜNDIS90/DIE GRÜNEN, zumindest auf Bundesebene, an einer solchen Koalitionsregierung beteiligt sein. Damit aber kommt den Abgeordneten aus den anderen Koalitionsparteien eine besonders wichtige Rolle zu. Es darf nicht sein, dass diese alles abnicken und ihr Fähnchen gerade in Fragen der Landwirtschaft stetig nach dem Wind ausrichten.

Als Landwirtschaft brauchen wir Abgeordnete, die ihre Politik an der Wirklichkeit orientieren, die mit Realitätssinn politische Ideen dahingehend bewerten, ob diese auch praktisch umsetzbar sind. Wir brauchen Abgeordnete, die für die Anliegen der Landwirtinnen und Landwirte in den Koalitionen streiten, sich dafür einsetzen und bis zu einem befriedigenden Ergebnis standhaft bleiben. Davon gab es für mich bisher viel zu wenige, so dass zuletzt, häufig außer warmen Worten wenig geblieben ist. Standhaft bleiben aber nur Abgeordnete, die in ihrer Region verwurzelt sind, die bereits lange vor Ort die Landwirtschaft, ihre Sorgen und Probleme kennen. Standhaft bleiben nur jene Abgeordneten, die sich für die Landwirtschaft interessieren, die nicht nur gewählt werden wollen, um ihr eigenes politisches Süppchen zu kochen oder sich die eigenen Taschen zu füllen. Hier, bei den Personen, die für den Bundes- und Landtag kandidieren, liegt unsere Chance: Lassen sie uns gemeinsam diejenigen identifizieren, die in den zukünftigen Koalitionen die Kraft haben, sich zu behaupten, weil sie ein wirkliches Interesse an der Landwirtschaft in Thüringen und an der Wirklichkeit der Menschen im ländlichen Raum haben.

Der TBV wird in den nächsten Wochen und Monaten Gelegenheiten schaffen, zu denen wir alle Kandidatinnen und Kandidaten kritisch befragen können, wie sie zur Landwirtschaft, zu uns stehen. Seien Sie dabei und bilden Sie sich Ihre Meinung! Es geht um jede einzelne Wählerstimme, es geht um die Zukunft unserer Thüringer Landwirtschaft.

 

Donnerstag, 15 April 2021 13:56

April 2021

Themenschwerpunkt:

Gemeinsame Agrarpolitik ab 2023: Kurzsichtige Politik über die Schmerzgrenze hinaus

 
Inhalt:

BUGA-Start 2

Tierschutznutztierhaltungsverordnung 6

Aktionsprogramm Insektenschutz 7

Milchforum 8

 
Kommentar:

„Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“

von Dr. Lars Fliege, Vizepräsident des Thüringer Bauernverbandes

Leider ist in Vergessenheit geraten, warum die Landwirte hierzulande staatliche Gelder überhaupt bekommen. Es ist der Preis, den unsere Gesellschaft zahlt, um die weltweiten Exportmärkte für all unsere begehrten Industriegüter offen zu halten. Und es lohnt sich. Unsere Gesellschaft profitiert von der Globalisierung und vom Welthandel. Der Wohlstand wächst und gibt uns die Chance Themen wie Klimawandel und Biodiversität in den Fokus zu rücken.

Doch jetzt geschieht etwas, was auch anderen weit entwickelten Gesellschaften widerfahren ist. Wir verstricken uns in endlosen Debatten, wollen alles regeln und verlieren dabei das Wesentliche aus dem Blick. Politik und Administration entfernen sich von den Bürgern, werden missverstanden und schaffen es nicht, die komplexen Themen unserer Zeit zu erklären – keine gute Basis in einem Wahljahr.

Klimawandel- und Biodiversität sind wichtig, doch zu Gunsten dieser Themen die Erzeugung von Nahrungsmitteln im eigenen Land zu riskieren, ist vielleicht der „Grüne Weg“, aber es ist ein Irrweg! Die deutsche Umwelt- und Landwirtschaftspolitik ist dabei, unsere Tierhaltung ins Ausland zu verlagern. Immer mehr Auflagen bei einem ungeschützten offenen Markt sind finanziell einfach nicht darstellbar. Parallel dazu wird der Ackerbau mit Beschränkungen, Verboten und Extensivierungsprogrammen in immer größere staatliche Abhängigkeit getrieben. Das wird in Zukunft sehr viel (Steuer)Geld kosten. Es ist ein Irrglaube anzunehmen, dass Lebensmittel künftig teurer werden. Nein, sie werden hier bei uns nur teurer produziert. Wenn Lebensmittel tatsächlich mehr Geld kosten würden, dann müssten Hartz 4 Sätze angehoben werden, es gäbe Inflation und ganz Südeuropa wäre pleite. Außerdem hat keine Regierung Interesse an steigenden Lebensmittelpreisen, wenn bei 30 Prozent der Bürger am Ende des Monats das Geld alle ist. Das ist der Rahmen, in dem die neuen Spielregeln für die Landwirtschaft bis etwa 2030 beschlossen werden.

Wie sollen wir Landwirte damit umgehen? Am liebsten würden wir Kühe melken, Weizen anbauen und am Ende des Tages genügend Geld für unsere Familien mit nach Hause bringen. Das funktioniert aber leider nicht mehr und deshalb kann unsere kurzfristige Forderung an die Politik nur darin bestehen, mit Umwelt- und Klimamaßnahmen auch Geld verdienen zu dürfen. Eine Firma wie VW würde auch keinen Golf produzieren, wenn sie beim Verkauf maximal die Kosten decken dürfte.

 

Montag, 15 März 2021 13:44

März 2021

Themenschwerpunkt:

Ein Jahr Corona-Pandemie in der Landwirtschaft: Herausforderungen der heimischen Landwirte

Inhalt:

Insektenschutzgesetz 3

Ein Jahr Corona in der Landwirtschaft 4-5

Bauernmilliarde 6

Zukunft der Landwirtschaft 9

 
Kommentar:

Ein heilloses Durcheinander in unserem Land

von Gunnar Jungmichel, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Saale-Orla-Kreis

Am 2. März 2020 trat der erste Fall von Covid-19 in Thüringen auf. Einen Tag später wurde mein Kollege in Quarantäne geschickt – für fast 6 Wochen! Ein Zeichen dafür, dass alle Behörden im Umgang mit dieser Pandemie total überfordert waren. Das erschien am Anfang normal. Später war es schon verwunderlich, dass wir als Tierhalter für Seuchenfälle umfangreiche Notfallpläne zu erarbeiten hatten, dies jedoch in den Landkreisen und anderen Verwaltungsebenen nicht so zu sein schien. Die direkten Auswirkungen des vergangenen Jahres auf unsere Branche waren zum Glück nur gering. Wenige Mitarbeiter*innen sind aufgrund einer Infektion direkt ausgefallen. Ganze Betriebsschließungen waren nicht notwendig und möglich – im Gegenteil, für eine kurze Zeit wird unsere Branche als „die Durchhalter“ und „die Versorger“ in der Bevölkerung wahrgenommen. Eine sehr angenehme und wohltuende Aufmerksamkeit. Leider ist diese Darstellung in der Öffentlichkeit sehr schnell wieder verblasst. Und wir haben es auch nicht verstanden, diesen positiven Schwung längerfristig zu nutzen. Hierzu müssen wir selbstkritisch hinterfragen, warum das nicht gelang. Viel umfangreicher waren die indirekten Auswirkungen, leider auch mit meist negativen Folgen. Dies begann mit Ausfällen unserer Mitarbeiter*innen aufgrund der fehlenden Kinderbetreuung. Es setzte sich fort mit massiv sinkenden Umsätzen in Bereichen der Fleischproduktion, wegfallenden Lieferungen an Gastrobetriebe, Tierstau in den Ställen durch fehlende Schlachtkapazitäten oder Ausfällen durch Quarantäneanweisungen.

Wie so oft war derjenige klug beraten, der besonnen darauf reagierte und getreu dem Motto „Hilf dir selbst, dann wird dir geholfen!“ handelte. Dies äußerte sich natürlich in vielfältiger Weise: von Planungen von Arbeitsquarantäne-Schichten im Melkstand über die Verschiebung der Warenströme in der Direktvermarktung bis zur Aufstellung von Hygieneregeln im Betrieb oder der eigenständigen Kinderbetreuung für Mitarbeiterkinder, wo es keine Notbetreuung gab.

Vor allem für Betriebe, die auf ausländische Saisonarbeiter angewiesen waren, wurde das Einreiseverbot im Frühjahr 2020 zur Zitterpartie. Kreative Ideen zur Rettung der Ernte von Spargel oder Erdbeeren und Unkrautpflege von Pfefferminze waren hier gefragt. Alles Aufgaben, die sich auch langgediente Betriebsleiter bisher haben nicht träumen lassen.

Enttäuschend ist jedoch, dass auch ein Jahr später offensichtlich ein heilloses Durcheinander in unserem Land herrscht. Schlagworte, wie Lockdown, Impfreihenfolge, Masken- und Impfskandal, Mutationen und andauernde Schulschließungen zeigen, wie ungeordnet das Leben läuft. Dazu macht die Kleinstaaterei auf allen Ebenen nicht nur das Leben der Landwirte schwer. Anscheinend ist man mit der Situation überfordert wie am ersten Tag.

Hier muss dringend von Seiten der politisch Verantwortlichen eine längerfristig gültige Marschrichtung her, die sowohl den Betrieben, als auch der Bevölkerung verständliche und nachvollziehbare Regeln und eine realistische Aussicht auf ein Beherrschen der Krise aufzeigt.

Noch wichtiger für das Wohl der Betriebe wären aber ein auskömmliches Preisniveau für die erzeugten Produkte und langfristige Planungssicherheit für unsere Investitionen – mit so vielen Wünschen sind unsere Volksvertreter sicher überfordert, erwähnen müssen wir sie trotzdem, immer wieder. Bleiben Sie gesund!

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Dienstag, 20 Juli 2021 10:12

Juli 2021

Themenschwerpunkt:

Milchviehhaltung in Thüringen. Zwischen Investieren ins Tierwohl und Abschaffung der Milchviehhaltung

 
Inhalt:

Verbot Kükentöten 3

Gewässerschutzkooperationen 6

Betretungsrecht 7

Fachausschuss Vieh und Fleisch 9

 
Kommentar:

Milchviehhaltung in Thüringen: Mit dem Rücken zur Wand

von Silvio Reimann, Vorsitzender des Fachausschusses Milch beim Thüringer Bauernverband

Egal ob Schaf-, Mutterkuh-, Schweine- oder Milchviehhaltung – derzeit lässt sich damit nicht genug Geld verdienen, um die ausufernden Kosten zu decken. Zwar ist die Marktlage derzeit zufriedenstellender als zu Beginn des Jahres, doch die  Mehrerlösewerden durch die höheren Betriebsmittel und Futterkosten mehr als aufgefressen. Hinzu kam die Hiobsbotschaft, dass wir ab 2023 durch die neu ausgestaltete Gemeinsame Agrarpolitik weniger einkommenswirksame Direktzahlungen erhalten werden. Und weitere Kosten sind bereits in Aussicht: Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohnes, nicht produktive Investitionen in Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen sowie höhere Tierwohlstandards.

Durch die geänderte Tierschutztransportverordnung müssen wir Bullenkälber ab Herbst 2022 für mindestens 28 Tage aufziehen. Dadurch sind nicht nur mehr Kälberplätzevorzuhalten, sondern auch höhere Futter-, Gesunderhaltungs- und Personalaufwendungen zu verkraften.

Geehrte Kolleginnen und Kollegen: Wie geht es mit der Milchviehhaltung in Thüringenweiter? Wer veredelt künftig unser Grünland? Mittlerweile stehen nur noch 90.300 Milchkühe in Thüringer Ställen; das ist ein Fünftel weniger als vor zehn Jahren. Wir waren zwar schon immer fähig, herausfordernde Zeiten zu meistern – sei es im Zuge der Digitalisierung, während langer Dürreperioden (2018 bis 2020) oder während der Corona-Pandemie. Doch ohne eine angemessene Entlohnung unserer harten, systemrelevanten Arbeit ist es schwierig, positiv zu bleiben. Ich erhoffe mir vom Milchgipfel am 13. Juli, dass sich die Thüringer Landesregierung, Molkereien sowie Lebensmitteleinzelhändlerzu einer regionalen Milchproduktion bekennen und Worten Taten folgen lassen.

 

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