Agrarkongress 2022 3
Afrikanische Schweinepest 6/7
Förderstrukturen ab 2023 8
Neue Homepage der Landsenioren 12
Kommentar von Steffen Steinbrück, Vorsitzender des Fachausschusses Pflanzenbau und Umwelt
Die mit quasireligiösem Eifer geführte öffentliche Diskussion über den landwirtschaftlichen Pflanzenschutz hat viel mit der aktuellen gesellschaftlichen Sicht auf die Landwirtschaft einerseits und auf Klimaschutz, Natur- und Umweltschutz andererseits zu tun. Häufig wird hierbei die moderne Landwirtschaft grundsätzlich in Frage gestellt, der Sinn und Zweck landwirtschaftlichen Pflanzenschutzes aber verkannt.
Moderner Pflanzenschutz dient vor allem dem Schutz der Kulturpflanzen vor Schädlingen und Krankheiten sowie vor zu großer Konkurrenz um Sonnenlicht und Nährstoffe durch andere Mitbewohner auf dem Feld. Wer auf seinen Flächen ein Problem mit z.B. Ackerfuchsschwanz, Trespe oder Windenknöterich hat, weiß, wovon ich spreche. Und weil es dabei primär um den Schutz unserer Kulturpflanzen geht, trägt diese wichtige Arbeit auch den Namen „(integrierter) Pflanzenschutz“ und nicht „Gift spritzen“ oder „Pestizideinsatz“, zumal es beim Pflanzenschutz um weit mehr geht, als um mehr oder weniger viel Chemie auf dem Acker oder Grünland. Und es geht dabei auch nicht um die Abgrenzung von Ökolandbau und konventioneller Landwirtschaft. Auch der Biobetrieb braucht Pflanzenschutz – fragen Sie bei Gelegenheit mal den Biobauern Ihres Vertrauens, wie viel Aufwand er betreiben muss, um seine Ernte vor Krankheiten und der natürlichen Konkurrenz durch andere Pflanzen oder Tiere auf dem Feld zu schützen. Dem Ackerwildkraut ist es im Übrigen vermutlich ziemlich egal, ob es durch den Einsatz eines sorgfältig ausgewählten Herbizids oder durch Hacke und Pflug als Konkurrent der Nutzpflanze weichen muss. Rüben hacken mit der Hand ist also nicht automatisch ökologischer als verantwortungsvoll und mit guter fachlicher Praxis durchgeführter chemischer Pflanzenschutz. Es macht aber viel mehr Arbeit und ist dabei weniger effektiv. Die älteren Bäuerinnen und Bauern unter uns wissen das aus eigenem Erleben.
Im kompromisslosen Ringen um Klimaschutz, Naturschutz und Artenvielfalt droht der ursprüngliche Sinn und Zweck der Landwirtschaft – die Ernährungssicherung – unter die Räder zu geraten. Blühstreifen, Feldhamsterparzellen, Altgras- und Gewässerrandstreifen und auch Radwege scheinen inzwischen für unsere Gesellschaft wichtiger zu sein als die Erzeugung von hochwertigen Nahrungs- und Futtermitteln. Weizen, Gerste, Raps, Zuckerrüben und Mais werden eher geduldet als gefordert, Ökolandbau scheint die einzige überhaupt noch bedingt genehme Form der (Acker-)Landbewirtschaftung zu sein. Diese Entwicklung ist weder für uns Bäuerinnen und Bauern noch für uns als Gesellschaft langfristig tragbar. Die bereits getroffenen Einschränkungen zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sowie deren angedachte weitere Verschärfung sind nur ein weiterer Ausdruck für das Desinteresse der aktuell politisch Agierenden an einer wirtschaftlich erfolgreich agierenden Landwirtschaft und deren Produkte für unsere Ernährung.
Ziel muss es doch sein, den bestmöglichen Kompromiss aus erforderlichem Schutz der Kulturpflanzen einerseits und dem Umwelt- und Naturschutz andererseits zu finden. Und dabei geht es nicht nur um Wirkstoffe und Aufwandmengen beim chemischen Pflanzenschutz, sondern um wirtschaftlich vernünftige und ökologisch verträgliche Landbewirtschaftungskonzepte. Dies schließt eine optimale Anbauplanung und die Nutzung züchterischen Fortschritts ebenso ein wie mechanische, chemische und biologische Maßnahmen.
Das Thema Pflanzenschutz ist also sehr komplex – allein das erschwert heute im Zeitalter der simplen Zusammenhänge und der einfachen Lösungen schon eine sachliche und zielorientierte Diskussion und Lösungsfindung. Genau genommen scheitern wir derzeit in der Diskussion mit den politisch Verantwortlichen schon an der Definition gemeinsamer Ziele, wenn diese sich gegenseitig zumindest teilweise ausschließen. Aber gut essen wollen wir am Ende alle, auch nach einem langen Tag voll des Kampfes für das Klima und die Umwelt!
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Agrarpolitik ab 2023 3
Lagebericht Schafhaltung in Thüringen 8
Projekt Erfurter Radring 9
NeuLand: Trüffelanbau 10
von Dr. Klaus Wagner, Präsident des Thüringer Bauernverbandes
In Berlin geht über der Ampel die Sonne auf und im Morgengrauen zeichnen sich die ersten Konturen der Landwirtschaftspolitik der neuen Bundesregierung ab. Auffällig ist dabei bisher die Diskrepanz zwischen Ankündigung und Umsetzung, zwischen
Wollen und klaren Zielen, zwischen erhöhten Anforderungen und ausreichender Finanzierung.
So hatte sich Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zum Jahreswechsel zu Ramschpreisen für Lebensmittel geäußert. Ein Thema, bei dem man schnell öffentlich Applaus bekommt, das aber aufgrund der Marktgesetzlichkeiten schwer zu lösen ist. Auch die Forderung nach mehr Tierwohl, eine artgerechte Tierhaltung, hat er öffentlich als Ziel ausgegeben. Zur Frage der Finanzierung hörte man hier wenig, der Koalitionsvertrag verweist auf marktgetragene Lösungen. Mit der Initiative Tierwohl, QM plus und auch in der Zentralen Koordination Handel-Landwirtschaft (ZKHL) bestehen diesbezüglich bereits Instrumente. Haben diese eine Zukunft? Werden diese mit ihrer bereits aufgebauten Infrastruktur weiter oder abgewickelt?
Grundsätzlich ist zu fragen, ob das Ziel ein Mehr an Tierwohl zu erreichen überhaupt ernst gemeint ist oder ob man es nur ins wahlpolitische Schaufenster gestellt hat? Wer wirklich ein Mehr an Tierwohl will, muss es auch ermöglichen. Allein striktere ordnungsrechtliche Vorgaben in der Bundesrepublik führen schlussendlich nur dann zu mehr Tierwohl, wenn die Tiere auch in der Bundesrepublik gehalten werden. Wir als Bauernverband werden unsererseits entschieden dafür kämpfen, dass der Weg für alle Landwirtinnen und Landwirte gangbar sein wird, dass alle eine Chance auf die Zukunft haben.
Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck tritt wiederum mit einem Sofortprogramm für Klimaschutz an, das einen massiven Ausbau von Windkraft und Photovoltaikanlagen innerhalb der nächsten acht Jahre vorsieht. Erste Auswirkungen erreichen uns im Briefkasten in Form von Nachfragen nach Pacht und oder Kauf von Flächen und Betrieben. Dabei werden Preise geboten, die wir mit Ackerbau und Viehzucht, mit der Erzeugung von Lebensmitteln, nicht erwirtschaften können. Dennoch dürfen wir uns das Geschäft mit den erneuerbaren Energien nicht entgehen lassen. Die Genehmigung, der Bau und Betrieb einer Photovoltaik-Freiflächenanlage können nicht anspruchsvoller sein, als die einer BImSchG-Tierhaltungsanlage und damit haben wir einige Erfahrung.
hrerseits mehr Schutzgebiete und eine Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln. Unterstellt man plus 20 Prozent der Fläche für ökologische Landwirtschaft, 7 Prozent für nichtproduktive Flächen (GAP Konditionalität und Eco Schemes), 15 Prozent
Fläche für erneuerbare Energien, plus XX Prozent für neue Schutzgebiete und XX Prozent für Siedlung und Verkehr, scheint eine auf Tonnen basierte Pflanzenschutzmittelreduktion auch einfach erreichbar. Was sich hier agrarpolitisch in Umrissen abzeichnet, bedeutet in jedem Fall höhere Ansprüche an die Arbeit eines jeden einzelnen Landwirts und einer jeden einzelnen Landwirtin. Die Entwicklung wird von uns Offenheit für Veränderungen, neue Ideen und auch den Mut, Neuland zu betreten, erfordern.
Der Thüringer Bauernverband (TBV) will helfen, Wege zu finden, die anstehenden Herausforderungen zu meistern und Ideen für die Zukunft zu entwickeln. Mehr Erfahrungsaustausch und einer Verbesserung des Wissenstransfers kommt hierbei eine entscheidende Bedeutung zu. Dies umfasst die Realisierung von Ideen in Form von Projekten, bei deren Beantragung und Umsetzung der TBV beratend zu Seite stehen kann. Wissenstransfer heißt aber auch die Sicherung der Qualität in der Berufsausbildung, die einzufordern eine Daueraufgabe des Verbandes bleibt.
Wir Landwirtinnen und Landwirte werden uns den neuen Herausforderungen stellen (müssen). Was wir von der Bundesregierung verlangen können, sind klare und verlässliche gesetzliche Rahmenbedingungen sowie eine ausreichende Finanzierung. Geschieht dies nicht, folgt dem Morgengrauen kein Sonnenschein.
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Rückblick auf das Jahr 2021 4-7
Thüringer CeresAward-Finalisten 9
Betriebsreportage aus Aschara 10
R+V: Absicherung gegen ASP 13
von Katrin Hucke, Hauptgeschäftsführerin des Thüringer Bauernverbandes
Genau vor einem Jahr habe ich pessimistisch auf das abgelaufene Jahr 2020 geblickt und prognostiziert, dass das kommende ebenfalls kein leichtes sein wird. Wie war es nun, das Jahr 2021? Nach zwei extremen Dürrejahren hatte sich zumindest das Wetter wieder normalisiert. Das kann man vom Markt nicht behaupten. Die Schweinepreise sind immer noch tief im Keller – die Corona-Krise wirkt hier nachhaltig. Die hohen Getreidepreise hoben die Stimmung, der Trend ist aber dabei, wieder abzuflachen. Gerade im letzten Vierteljahr hat der Energiemarkt verrückt gespielt, was sich unmittelbar auf den Düngemittelmarkt auswirkt. Auch agrarpolitisch hat sich 2021 einiges bewegt. So gab es mit der Veröffentlichung der Ergebnisse der Zukunftskommission Landwirtschaft und der Einigung auf die Ausgestaltung der Gemeinsamen europäischen Agrarpolitik ab 2023 wichtige Grundsatzentscheidungen. Auch wenn diese schwierig sind, machen sie es konkreter, wohin die Reise zukünftig gehen soll. Zudem haben wir eine neue Bundesregierung bekommen, die mit ihrem Koalitionsvertrag „mehr Fortschritt wagen“ will. Das fordern wir auch für die Landwirtschaft ein. Ich habe jedenfalls die Hoffnung, dass nun der Schwebezustand zwischen „wollen, aber nicht wirklich machen“ in der deutschen Agrarpolitik endlich beendet wird. Wenn eine Verbesserung von Tierwohl, Umwelt- und Klimaschutz durch die Landwirtschaft gewünscht ist, die den Landwirtinnen und Landwirten zugleich ein faires Einkommen ermöglicht, muss man es endlich richtig anpacken.
Der Koalitionsvertrag der Ampel enthält einige haarsträubende Dinge und viele Allgemeinplätze. Auffallend ist jedoch, dass der alte Grüne Kampfbegriff „Agrarwende“ völlig fehlt. Hinzu kommen einige sinnvolle Punkte, die wir als Berufsstand schon lange fordern, wie eine Herkunftskennzeichnung, die Stärkung eines fairen Wettbewerbs und die Verkürzung der Verfahrensdauer für Genehmigungsverfahren, die nach Wunsch der neuen Regierung mindestens halbiert werden soll. Auch die geplante Investitionsprämie für Klimaschutz wäre ein sinnvoller Baustein, um die gesellschaftlich gewünschte Transformation umzusetzen, wenn sie unseren Landwirtinnen und Landwirten offensteht.
Mit Cem Özdemir als Landwirtschaftsminister bekommen wir zudem zum ersten Mal seit Jahren ein politisches Schwergewicht im Bundeslandwirtschaftsministerium, zudem einen Realpolitiker und keinen realitätsfernen Träumer. Zukünftig wird außerdem die Umwelt- und Agrarpolitik in der Hand der gleichen politischen Partei liegen, was hoffentlich die bisherigen Reibungsverluste und Widersprüche verhindert. Mit einem Landwirtschaft-, einem Umwelt- und auch dem Wirtschafts- und Klimaministerium in Grüner Hand ist es jetzt an der Bundesregierung, die Zielkonflikte zu entscheiden. Absehbar für die Landwirtschaft ist, dass der vor uns liegende Weg kein leichter sein wird. Der Berufsstand muss mehr als je zuvor zusammenstehen, muss sich aber auch dem Wandel stellen. Die Herausforderungen, vor denen wir als Landwirtschaft, als berufsständische Interessenvertretung hierbei stehen, sind riesig. Zwar ist vieles im Grundsatz festgelegt, aber viele Umsetzungen sind noch offen, an vielen Stellschrauben muss noch gedreht werden.
Unsere Aufgabe als Bauernverband wird es dabei sein, die Probleme, die die Landwirtinnen und Landwirte bei der Umsetzung haben werden, an die Politik und Entscheidungsträger heranzutragen. Wir werden aber auch Alterativen finden, andere Wege aufzeigen müssen.
Wie können wir uns auf die Anforderungen einstellen? Die Frage ist leichter zu stellen als zu beantworten. In jedem Fall möchten wir als berufsständische Interessenvertretung alle dazu ermutigen, neue Wege zu gehen, neue Ideen u.a. mit geringerem Risiko in Projekten auszuprobieren und bereits umgesetzte Innovationen stärker bekannt zu machen.
Wir als Bauernverband werden unsererseits entschieden dafür kämpfen, dass der Weg für alle Landwirtinnen und Landwirte gangbar sein wird, dass alle eine Chance auf die Zukunft haben.
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Thüringer Milchtag 3
Kostenexplosion in der Landwirtschaft 4/5
Exkursion des KBV Erfurt-Sömmerda 8
25 Jahre Landseniorenverbände 13
Kommentar von Dr. Klaus Wagner, Präsident des Thüringer Bauernverbandes
Wir Landwirtinnen und Landwirte werden derzeit von einer gewaltigen Kostenlawine überrollt. Die Preise für Diesel, für Dünge- und Futtermittel gehen durch die Decke. Ursächlich sind steigende Erdgas und Rohölkosten, die infolge der weltweit wieder anspringenden Wirtschaft zu extremen Preissteigerungen geführt haben. Diese Kostenexplosion macht unsere landwirtschaftliche Produktion immer teurer.
Noch nie mussten wir so viel Geld ausgeben, um unsere Betriebe am Laufen zu halten. Dabei spielt es kaum eine Rolle, ob man Ackerbauer oder Tierhalter ist: Fast sämtliche Kostenarten sind derzeit auf Rekordniveau.
Dennoch ist die Situation der Schweinehalter und der Milchbauern in Thüringen besonders schwierig, da hier die Erlöse weit unter dem Notwendigen liegen. Schon vor der Kostenexplosion reichten diese häufig nicht einmal zur Deckung der laufenden betrieblichen Aufwendungen aus. An Investitionen in neue Ställe und in mehr Tierwohl oder auch in neue Maschinen ist nun überhaupt nicht mehr zu denken.
Beruhigen sich die Märkte nicht wieder, ist unsere Arbeit betriebswirtschaftlich vielerorts kaum noch darstellbar. Wie soll es möglich sein, mehrere (Hundert-)Tausend Euro an zusätzlichen Betriebskosten dauerhaft zu kompensieren? Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund eines steigenden Investitionsbedarfs und sinkender einkommenswirksamer Zahlungen aus der GAP.
Ein Blick nach Berlin beruhigt hier nur wenig: Unsere zukünftigen Ampelkoalitionäre diskutieren über die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro und die Abschaffung der Rückvergütung der Agrardieselsteuer – beides Punkte, die die finanzielle Situation in den Betrieben weiter verschärfen werden.
Gerade aber vor dem Hintergrund der derzeitigen Kostenexplosion halte ich insbesondere die Abschaffung der Steuerrückvergütung beim Agrardiesel (derzeit 21,48 Cent je Liter) für hanebüchen, zumal diese auch keine Subventionen im eigentlichen Sinne darstellen. Vielmehr wird durch sie eine massive Benachteiligung der deutschen Landwirtinnen und Landwirte im Vergleich zu unseren innereuropäischen Wettbewerbern ein wenig kompensiert, die mit deutlich niedrigeren Steuersätzen arbeiten. Daher appelliere ich nachdrücklich an unsere zukünftigen Regierungsparteien, die Rückvergütung für Agrardiesel nicht anzutasten. Viele unserer Betriebe stehen aufgrund der enormen Kostenexplosion am Abgrund. Wir brauchen jede Unterstützung, um die derzeit schwierige Situation zu meistern.
Der Erhalt einer starken und flächendeckenden Landwirtschaft in Thüringen und Deutschland verhindert die Verlagerung der Produktion ins Ausland und ist so bester Garant für mehr Klimaschutz, für mehr Tierwohl und für den Schutz der Regenwälder – alles Ziele, die im zukünftigen Koalitionsvertrag wiederzufinden sein werden.
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Landeserntedankfest 2021 3
Erdkabeltrassenbau in Thüringen 4/5
Zeugnisübergabe zum Ausbildungsabschluss 7
Wahlen in den Kreisbauernverbänden 8/9
„Die Republik braucht Strom“
von Johannes Schmidt, Vorsitzender des Regionalbauernverbandes Südthüringen
„Die Republik braucht Strom“ war das letzte Argument unseres Gegenübers, als er zitternd auf den Plan mit dem Tassenverlauf des SuedLinks zeigte. Vorausgegangen war eine überaus kontroverse Diskussion mit Vertretern eines der durch den Netzbetreiberbeauftragten Ingenieurbüros über die Erdkabelverlegung auf den betriebseigenen Bewirtschaftungsflächen.
Gerade diese Aussage und Geste machen für mich deutlich, unter welchem Zugzwang und Druck die Verantwortlichen stehen. Sie müssen eine Lösung für ein Problem finden, dessen Ausgang in einer überschnellen, unüberlegten Entscheidung – wie so oft in der Politik – zu suchen ist.
Theoretisch ist Grüner Strom im Norden der Republik vorhanden, gebraucht wird er praktisch im Süden. Der Grüne Strom aus dem Norden soll also die Lösung für die Energienachfrage in Süddeutschland sein. Ob das überhaupt geht, welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen – darüber hat man sich anscheinend keine Gedanken gemacht.
Eine Kabeltrasse muss her, aber nicht irgendeine: Eine noch nie zuvor eingesetzte Technik soll zum Einsatz kommen und stellt vor allem die Landnutzer vor noch nie dagewesene Probleme. Von den Einschränkungen während der Bauphase einmal abgesehen, stellen sich unendlich viele Fragen. Ist die Landbewirtschaftung hinterher noch uneingeschränkt möglich? Welche Abstrahlungen werden vorherrschen (die Kabel erzeugen eine Wärme von bis zu 80 Grad Celsius!)? Welche Konsequenzen wird das auf den Boden und die Bepflanzung haben?
Was geschieht mit zerschnittenen Drainagen? Sie werden hinterher nicht mehr so funktionieren wie vorher – wer ist dann in der Beweispflicht? Warum gibt es bei all den unbekannten Folgen keine wiederkehrenden Entschädigungen? Und, und, und…
In den bisherigen Gesprächen und Vorstellungsrunden haben die Verantwortlichen meist selbst keine Antworten darauf. Die Termine wirken oft wie Alibi- Veranstaltungen, schließlich soll hinterher keiner sagen können, er wurde nicht beteiligt. Wir Landwirtinnen und Landwirte vor Ort wollen diese Trasse nicht, unzählige Bürgerinitiativen auch nicht. Und doch müssen wir bei allem Kampf dagegen darauf achten, nicht den Punkt zu verpassen, an dem wir geschickt verhandeln müssen. Wenn wir die Trasse nicht verhindern können, dann müssen wir in der Lage sein, unsere Bedingungen durchzusetzen.
Der Thüringer Bauernverband hat entsprechende Forderungen formuliert. Es liegt an uns, diese durchzusetzen, so dass sie ohne Wenn und Aber Wirklichkeit werden. Wir kämpfen hierbei nicht nur für uns, sondern auch für unsere Region, für unsere Dörfer. Möglichst weit weg von Dörfern, von Kindergärten und Schulen sollen die Trassen verlaufen, heißt am Ende auch, weiter auf unsere Bewirtschaftungsflächen. Damit werden wir leben müssen. Die Menschen und vor allem unsere Kinder sollten uns da wichtiger sein. Sie müssen zukünftig damit leben, was wir heute zugelassen haben. Auf uns lastet damit ein riesiger Druck.
Es gilt daher, gemeinsam zusammenstehen und klug und verantwortungsvoll zu handeln.
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Flurfahrt in Südthüringen 3
Erntebilanz 2021 4
Lage schweinehaltender Betriebe 7
Gemeinschaftstagung Landwirte und Tierärzte 8
Was bleibt nach dem Regen?
von Gerd Hallbauer, Vorsitzender des Fachausschusses Ackerbau im Thüringer Bauernverband
Im gesamten Freistaat sind in den vergangenen Monaten große Regenmengen gefallen. Mit 145 Litern auf dem Quadratmeterfiel im August im Landesdurchschnitt mehr als doppelt so viel Regen wie im vieljährigen Mittel. Die Folgen waren überall im Land in Form von Lagergetreide sichtbar. Die scheinbar nicht aufhörenden Niederschläge verzögerten auch den Ernteablauf, was wiederum zu Qualitätsverlusten führte. Auch die Erträge waren, vor allem angesichts der Erwartungen im Frühjahr, nicht befriedigend.
Wie anders sah es demgegenüber in den vergangenen zwei Jahren aus: Damals litten unsere Ackerflächen unter einer starken Dürre. Das Getreide verdorrte auf den Feldern, der Mais stand vielerorts nur kniehoch, die Erträge waren aufgrund des Wassermangels vielerorts katastrophal, Dürrehilfen wurden notwendig.
Wir alle spüren es: Das Wetter ist in den letzten Jahren in seiner Gesamtheit unvorhersehbarer und extremer geworden, es verläuft weniger in den gewohnten Bahnen. Ich denke, wir werden uns in den nächsten Jahren auf solche Wetterkapriolen einstellen müssen, lernen müssen, mit der Unsicherheit zu arbeiten. Doch nicht nur das Wetter birgt Unsicherheit. Der Weltmarkt war noch nie so schnelllebig wie heute,die Ertragspreise so volatil. Ursache hierfür sind nicht nur Wetterschwankungen infolge des Klimawandels, sondern auch technische Effekte des Handels: Gigantische Mengen an Getreide und Ölfrüchten werden im Sekundentakt an den Börsen dieser Welt gehandelt und vom einen in den anderen Teil der Erde verkauft. Ernteprognosen, Analysen und politische Entscheidungen haben starken Einfluss auf die Vermarktungspreise, lassen die Kurse genauso schnell sinken, wie sie zuvor gestiegen sind. Was insbesondere korrigierte Ernteprognosen bewirken, zeigte sich dieses Jahr besonders deutlich. Wurde uns im letzten Jahr ein Rapspreis von 350 Euro für die Tonne geboten, legten uns die Händler vor kurzem einen Preis von 550 Euro die Tonne auf den Tisch. Wer einen großen Teil seiner Verkaufskontrakte bereits im letzten Jahr schloss, konnte die Entwicklung abwechselnd ungläubig und wütend verfolgen.
Wie soll man als Landwirt, als Verantwortlicher eines mittelständischen Unternehmens, mit diesen Unsicherheiten umgehen? Wie kann man für seinen Betriebeinen guten Erzeugerpreis erzielen, ohne seine Liquidität zu gefährden? Müssen wir in Zukunft wie Börsenmakler in Frankfurt oder New York mit unserer Ware in Zockermanier alles auf eine Karte setzen, immer mehr riskieren?
Ich sage nein. Wir produzieren Lebensmittel. Lebensmittel sind, wie der Name bereitssagt, existenziell, nichts mit dem man spekulieren sollte. Wir Landwirte tragen mit unserer Arbeit Verantwortung für die Sicherstellung der Ernährung aller Menschen, Verantwortung für unsere Betriebe, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und deren Familien.
In Zeiten zunehmender Wetter- und Marktkapriolen brauchen wir daher eine Möglichkeit, diese neuen Risiken mittels einer ökonomisch tragfähigen Risikoabsicherung abzufedern. Eine solche Absicherung der Risiken liegt nicht nur im Interesse der Landwirte, sondern der gesamten Gesellschaft. Daher muss hier politisch gehandelt werden, muss der Staat einen Teil der Risikoabsicherung mitfinanzieren, damit die heimischenLandwirtschaftsbetriebe trotz der Kapriolen überleben können.
Die beste Vorsorge wäre, neben geeignetenackerbaulichen Strategien zur Anpassungan Klimaveränderungen, natürlich das Anlegen eigener Reserven. Hierfür müssten die politischen Rahmenbedingungen aber so gesetzt werden, dass die Erzeuger eine bessere Position in der Wertschöpfungskette bekommen, so dass wir nachhaltig wirtschaften können und in die Lage versetzt werden, Rücklagen zu bilden.
Ein immer mehr an Auflagen und Verboten zeigt leider in eine andere Richtung, gefährden diese doch zunehmend die wirtschaftliche Substanz unserer Landwirtschaftsbetriebe.
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Arbeitgeberverband wählt neues Präsidium 3
Interview mit Kandidatin Doreen Rath 5
Geführte Wanderungen 8
Rehkitzrettung 12
Die Qual der Wahl ?
von Dr. Klaus Wagner, Präsident des Thüringer Bauernverbandes
Zumindest dahingehend herrscht Klarheit: Am 26. September wird ein neuer Bundestaggewählt. Die anstehende Wahlentscheidung ist, mit Blick auf die Landwirtschaft, ohne jeden Zweifel wichtig, spüren wir doch einen enormen Veränderungsdruck. Die Zielsetzung für die Landwirtschaft scheint dabei mit Blick auf den Bericht der Zukunftskommission Landwirtschaft, die Ergebnisse der Borchert-Kommission sowie die Entscheidungen zur Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik vorgezeichnet. Daran wird kein politischer Akteur vorbeikommen. Die agrarpolitischen Zielsetzungen in den Wahlprogrammen ähneln sich sehr stark, wie man gut aus den Wortwolken auf Seite 4 dieses Journals ablesen kann. Sie spiegeln, zumindest in Worten, den gesellschaftlichen Konsenswider, mit dem wir uns als Landwirtschaft auseinandersetzen müssen.
Ein Blick in die Wahlprogramme verdeutlicht, dass sich zwar die Ziele des Transformationsprozesses gleichen, nicht aber der Weg dorthin, d.h. die konkrete Ausgestaltung und die Dynamik des Prozesses. Hier lohnt sich ein tieferer Blick in die Wahlprogramme, übrigens nicht nur für den Bereich Landwirtschaft. Der Transformationsprozess betrifft alle Bereiche unseres Lebens. Nach meiner persönlichen Überzeugung brauchen wir für einen erfolgreichen Transformationsprozess zum einen eine Wirtschaft, in der Wertschöpfung möglich ist und bleibt, um Wohlstand zu erhalten und in die Zukunft zu investieren. Zum anderen braucht es Offenheit für Ideen und einen freien Wettbewerb der Ideen, um die bestmöglichen Lösungen zu finden.
Für die Zukunft gilt es, eine flächendeckende Landwirtschaft zu erhalten, die wettbewerbsfähig ist und zugleich den gesellschaftlichen Ansprüchen gerecht wird. Weder dürfen wir im Zuge der Entwicklung zu bloßen Landschaftspflegern degradiert werden, noch darf es dazu kommen, dass wir zukünftig unsere Lebensmittel importieren müssen, während gleichzeitig die Regenwälder in Flammen stehen.
Es gibt noch viel Gestaltungspielraum in diesem Transformationsprozess, den die Parteien auf unterschiedlichen Wegen nutzen werden. Die Wege, die Richtung der Umsetzung können wir durch unsere Stimme beeinflussen, aber auch nach der Wahl durch unsere Verbandsarbeit. Wen aber wählen? Aus meiner Sicht sollten wir als Thüringer Landwirtinnen und Landwirte vor allem darauf achten, dass wir Abgeordnete in den Bundestag wählen, die ihre Politik an der Wirklichkeit der Landwirtschaft und des ländlichen Raums orientieren, die mit Realitätssinn politische Ideen dahingehend bewerten, ob diese auch praktisch umsetzbar sind. Dies tun, meiner Erfahrung nach, die Abgeordneten, die fest in ihrer Region verwurzelt sind, die die Landwirtschaft vor Ort, die ländlichen Räume, die Sorgen und Herausforderungen der Menschen dort kennen.
Ich weiß, eine Wahlentscheidung fällt auf Basis verschiedenster Themen, aber Landwirtschaft ist unser Leben, sie zu gestalten unsere Zukunft. Qual der Wahl? Nein! Wir haben die Chance zur Wahl und die sollten wir nutzen, Nichtwählen ist keine Option. Gehen Sie zur Wahl und nutzten Sie Ihre Stimme auch im Sinne der Thüringer Landwirtschaft!
Wer noch unsicher ist, der komme am 16. September auf unser Agrarpolitisches Forum zur Bundestagswahl 2021 nach Waltershausen, um dort die Gelegenheit zu nutzen, bei den Parteien direkt nachzufragen. Nicht zuletzt, dass mit Doreen Rath eine Geschäftsführerin eines Landwirtschaftsbetriebes im Altenburger Land, zugleich ein hochangesehenes und aktives Mitglied des Thüringer Bauernverbandes, für B90/ Die Grünen mit auf dem Podium steht, verspricht eine äußerst interessante Diskussion. Kommen Sie nach Waltershausen, informieren Sie sich aus erster Hand.
Ich freue mich auf Sie!
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Plakataktion gestartet 3
Bauernmilliarde 6
Service-Paket DüV 7
Rücksicht macht Wege breit 9
Der Umbau der Nutztierhaltung erfordert einen finanziellen Ausgleich
von Bert Kämmerer, Vorsitzender des TBV-Fachausschusses Vieh und Fleisch, Tierwohl
Die von der Bundesregierung eingesetzte Borchert-Kommission plant in drei Stufen den Umbau der deutschen Nutztierhaltung. Gestartet werden soll mit der Schweinehaltung. Die Vorschläge liegen jetzt auf dem Tisch. Ab 2040 sollen alle Schweine mindestens in Tierwohlstufe 2 gehalten werden.
Wer also heute investieren will, wäre gut beraten sich am Borchert-Plan zu orientieren. Hier zeichnet sich aber bereits eine erste Kalamität ab. Der aktuelle Kriterienkatalog für Schweine schreibt vor, dass in der Tierwohlstufe 2 „Außenklimareize“ zu gewährleisten sind. Das bedeutet offene Ställe mit zusätzlichen Emissionen. Eine zielgerichtete Abluftführung oder gar Abluftreinigung, wie sie von der TA- Luft für größere Bestände in Zukunft gefordert wird, ist somit für unsere Bestände nicht umsetzbar. Es ist für uns Thüringer Schweinehalter daher essenziell, dass der sich abzeichnende Zielkonflikte zwischen Tier- und Emissionsschutz schnell gelöst wird. Anderenfalls hätten wir überhaupt keine Chance, unsere Betriebe in Richtung Tierwohl weiterzuentwickeln.
Der Umbau der Schweinehaltung wird auch viel Geld Kosten. Geld, dass bei den meisten Schweinehaltern durch Corona und ASP nicht vorhanden ist. Nur eine attraktive Investitionsförderung und eine langfristig gesicherte Tierwohlprämie zum Ausgleich der laufenden Tierwohlmehrkosten können für die Betriebe einen ausreichenden Investitionsanreiz setzen. Auch zur Finanzierung hat die Borchert-Kommission der Politik Vorschläge unterbreitet, beschlossen aber wurde noch nichts. Es wird höchste Zeit, dass die Vorschläge nun auch von den politischen Entscheidungsträgern aufgegriffen werden und der politische Entscheidungsprozess in Gang kommt. Die Unsicherheit über die zukünftige Ausrichtung der Nutztierhaltung und der Stillstand in den Betrieben muss ein Ende haben.
Wir brauchen endlich Entscheidungen, die uns Planungssicherheit für zukunftsorientierte Bau- und Genehmigungsverfahren in mehr Tierwohl bieten.
Sollte sich der politische Entscheidungsprozess noch lange hinziehen, befürchte ich einen weiteren deutlichen Abbau der Schweinebestände in Thüringen – im „Land der Wurstmacherkunst“.
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BUGA 2/8
Feldmäuse 3
TBV-Klausurtagung 3
Düngeverordnung 6
Es geht um jede einzelne Wählerstimme: Doch wer vertritt uns Landwirte?
von Katrin Hucke, Hauptgeschäftsführerin des Thüringer Bauernverbandes
Am 26. September ist es wieder so weit. Wir alle sind aufgefordert, den Bundestag neu zu wählen und eventuell auch unseren Thüringer Landtag. Da einige Landtagsabgeordnete Angst haben, ihr Mandat zu verlieren, ist die Neuwahl im Freistaat aber alles andere als sicher.
Mit den Wahlen stellt sich wieder die Frage, wer uns Landwirtinnen und Landwirte, wer unsere berechtigten Interessen als Landwirtschaft am besten vertreten kann. Um ehrlich zu sein, bin ich persönlich nach unserem agrarpolitischen Forum am 22. April nicht wirklich weiter. Keiner der Anwesenden hat mich überzeugt, vieles blieb im Ungefähren. Auch ein Blick in die Wahlprogramme der Parteien, soweit sie überhaupt vorliegen, bringt einen nicht wirklich weiter. Gefühlt versprechen alle Parteien Alles. Auffällig ist allenfalls, dass bei den meisten Parteien, mit Ausnahme von BÜNDIS90/DIE GRÜNEN, landwirtschaftliche Themen, wenn überhaupt, eine untergeordnete Rolle spielen. Die detaillierten Positionen von BÜNDIS90/DIE GRÜNEN sind für mich aber kein Lichtblick. Hiermit werden lediglich die bekannten Glocken für eine Agrarwende geläutet, die aus meiner Sicht wirtschaftlich ins Nichts führt und Landwirtinnen und Landwirte zu bloßen Landschaftspflegern degradiert. Dass wir hierzulande nach dem Strom zukünftig unsere Lebensmittel überwiegend importieren wollen (und damit weltweit die Feuer in den Regenwäldern anfachen), ist für mich keine erstrebenswerte Option.
Auch ein Blick auf mögliche Regierungskoalitionen nach der Wahl – sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene – trägt wenig zu Klarheit bei. Erwartbar ist nur, dass es Koalitionsregierungen aus zwei oder drei demokratischen Parteien sein werden. Egal ob Schwarz-Grün, Ampel oder ein Bündnis aus den Kräften Links der Mitte – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit werden hierbei BÜNDIS90/DIE GRÜNEN, zumindest auf Bundesebene, an einer solchen Koalitionsregierung beteiligt sein. Damit aber kommt den Abgeordneten aus den anderen Koalitionsparteien eine besonders wichtige Rolle zu. Es darf nicht sein, dass diese alles abnicken und ihr Fähnchen gerade in Fragen der Landwirtschaft stetig nach dem Wind ausrichten.
Als Landwirtschaft brauchen wir Abgeordnete, die ihre Politik an der Wirklichkeit orientieren, die mit Realitätssinn politische Ideen dahingehend bewerten, ob diese auch praktisch umsetzbar sind. Wir brauchen Abgeordnete, die für die Anliegen der Landwirtinnen und Landwirte in den Koalitionen streiten, sich dafür einsetzen und bis zu einem befriedigenden Ergebnis standhaft bleiben. Davon gab es für mich bisher viel zu wenige, so dass zuletzt, häufig außer warmen Worten wenig geblieben ist. Standhaft bleiben aber nur Abgeordnete, die in ihrer Region verwurzelt sind, die bereits lange vor Ort die Landwirtschaft, ihre Sorgen und Probleme kennen. Standhaft bleiben nur jene Abgeordneten, die sich für die Landwirtschaft interessieren, die nicht nur gewählt werden wollen, um ihr eigenes politisches Süppchen zu kochen oder sich die eigenen Taschen zu füllen. Hier, bei den Personen, die für den Bundes- und Landtag kandidieren, liegt unsere Chance: Lassen sie uns gemeinsam diejenigen identifizieren, die in den zukünftigen Koalitionen die Kraft haben, sich zu behaupten, weil sie ein wirkliches Interesse an der Landwirtschaft in Thüringen und an der Wirklichkeit der Menschen im ländlichen Raum haben.
Der TBV wird in den nächsten Wochen und Monaten Gelegenheiten schaffen, zu denen wir alle Kandidatinnen und Kandidaten kritisch befragen können, wie sie zur Landwirtschaft, zu uns stehen. Seien Sie dabei und bilden Sie sich Ihre Meinung! Es geht um jede einzelne Wählerstimme, es geht um die Zukunft unserer Thüringer Landwirtschaft.
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BUGA-Start 2
Tierschutznutztierhaltungsverordnung 6
Aktionsprogramm Insektenschutz 7
Milchforum 8
„Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“
von Dr. Lars Fliege, Vizepräsident des Thüringer Bauernverbandes
Leider ist in Vergessenheit geraten, warum die Landwirte hierzulande staatliche Gelder überhaupt bekommen. Es ist der Preis, den unsere Gesellschaft zahlt, um die weltweiten Exportmärkte für all unsere begehrten Industriegüter offen zu halten. Und es lohnt sich. Unsere Gesellschaft profitiert von der Globalisierung und vom Welthandel. Der Wohlstand wächst und gibt uns die Chance Themen wie Klimawandel und Biodiversität in den Fokus zu rücken.
Doch jetzt geschieht etwas, was auch anderen weit entwickelten Gesellschaften widerfahren ist. Wir verstricken uns in endlosen Debatten, wollen alles regeln und verlieren dabei das Wesentliche aus dem Blick. Politik und Administration entfernen sich von den Bürgern, werden missverstanden und schaffen es nicht, die komplexen Themen unserer Zeit zu erklären – keine gute Basis in einem Wahljahr.
Klimawandel- und Biodiversität sind wichtig, doch zu Gunsten dieser Themen die Erzeugung von Nahrungsmitteln im eigenen Land zu riskieren, ist vielleicht der „Grüne Weg“, aber es ist ein Irrweg! Die deutsche Umwelt- und Landwirtschaftspolitik ist dabei, unsere Tierhaltung ins Ausland zu verlagern. Immer mehr Auflagen bei einem ungeschützten offenen Markt sind finanziell einfach nicht darstellbar. Parallel dazu wird der Ackerbau mit Beschränkungen, Verboten und Extensivierungsprogrammen in immer größere staatliche Abhängigkeit getrieben. Das wird in Zukunft sehr viel (Steuer)Geld kosten. Es ist ein Irrglaube anzunehmen, dass Lebensmittel künftig teurer werden. Nein, sie werden hier bei uns nur teurer produziert. Wenn Lebensmittel tatsächlich mehr Geld kosten würden, dann müssten Hartz 4 Sätze angehoben werden, es gäbe Inflation und ganz Südeuropa wäre pleite. Außerdem hat keine Regierung Interesse an steigenden Lebensmittelpreisen, wenn bei 30 Prozent der Bürger am Ende des Monats das Geld alle ist. Das ist der Rahmen, in dem die neuen Spielregeln für die Landwirtschaft bis etwa 2030 beschlossen werden.
Wie sollen wir Landwirte damit umgehen? Am liebsten würden wir Kühe melken, Weizen anbauen und am Ende des Tages genügend Geld für unsere Familien mit nach Hause bringen. Das funktioniert aber leider nicht mehr und deshalb kann unsere kurzfristige Forderung an die Politik nur darin bestehen, mit Umwelt- und Klimamaßnahmen auch Geld verdienen zu dürfen. Eine Firma wie VW würde auch keinen Golf produzieren, wenn sie beim Verkauf maximal die Kosten decken dürfte.
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